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Das Wortzeichen „PUR“ ist für alle Arten von Waren und Dienstleistungen anpreisend und deshalb auch nicht unterscheidungskräftig. So ein aktueller Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Nach Ansicht des Gerichts steht die klare lexikalische Bedeutung des Adjektivs „pur“ im Vordergrund. Die Durchschnittskonsumenten würden das Zeichen als „rein, unverfälscht“ sowie „nichts anderes als, ohne Einschränkung“ verstehen. Das Zeichen werde deshalb als Qualitätsangabe oder rein reklamehafte Anpreisung wahrgenommen und sei damit vom Markenschutz ausgeschlossen.
Hintergrund: IGE verweigert Wortmarke „PUR“ die Eintragung in der Schweiz
Vor rund drei Jahren liess der deutsche Süsswarenhersteller Storck bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) die Wortmarke „PUR“ unter anderem für Süsswaren, Schokolade, Schokoladenprodukte und Backwaren international eintragen. Das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) verweigerte der Marke den Schutz in der Schweiz mit der Begründung, die Marke sei dem Gemeingut zuzurechnen (vgl. Art. 2 lit. a MSchG). Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren stelle das Zeichen eine beschreibende sowie qualitätsanpreisende Angabe dar. Gegen diesen Entscheid erhob Storck Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Der Süsswarenhersteller machte zur Begründung geltend, neben der vom IGE hervorgehobenen Bedeutung des Adjektivs habe der Begriff noch andere Bedeutungen. Beim Ausdruck „PUR“ handle es sich um ein Fantasiezeichen, welches die erforderliche Kennzeichnungskraft besitze. Das Zeichen sei deshalb nicht freihaltebedürftig.
Klare lexikalische Bedeutung des Adjektivs „pur“ steht im Vordergrund
Das Bundesverwaltungsgericht betrachtete deshalb als erstes die lexikalische Bedeutung des Wortes „pur“, aus dem das Wortzeichen ausschliesslich bestand. Es stellte dabei fest, dass das Wort im Duden als „rein“, „unverfälscht“, „unvermischt“, „bloss“ und „nichts anderes als“ definiert werde.
Storck bestritt jedoch, dass das Wortzeichen von den angesprochenen Durchschnittskonsumenten direkt und ohne Gedankenverbindung in diesem Sinne verstanden werde. Nach Ansicht des Süsswarenherstellers könne „PUR“ namentlich auch für die deutsche Popband „Pur“ oder den schweizerdeutschen Ausdruck „Bur“ (für Bauer) stehen. Darüber hinaus komme „PUR“ eine Reihe weiterer möglicher Bedeutungen zu. Storck führte weiter aus, dass Produkte wie Schokolade und andere Süsswaren regelmässig unter Fantasiebezeichnungen vermarktet würden. Die Konsumenten hätten sich deshalb daran gewöhnt, dass solche Lebensmittel ausschliesslich mit Fantasienamen gekennzeichnet würden. Storck verwies dabei insbesondere auf die Namen Ragusa, KitKat und Balisto.
Keines dieser Argumente konnte das Gericht überzeugen. Angesichts der klaren lexikalischen Bedeutung des Adjektivs „pur“ könne Storck nicht glaubhaft darlegen, weshalb diese vorliegend nicht im Vordergrund stehe. Ausserdem sei fraglich, inwiefern die von ihm aufgeführten Beispiele mit dem fraglichen Zeichen vergleichbar seien. Im Gegensatz zum rein sachlichen Begriff „PUR“ hätten die Bezeichnungen „KitKat“ und „Balisto“ jeweils gerade keine eindeutige lexikalische Bedeutung. Mit Hilfe dieser Beispiele könne deshalb nicht nachgewiesen werde, dass sich die Durchschnittskonsumenten allenfalls daran gewöhnt haben, dass entsprechende Produkte ausschliesslich mit Fantasienamen gekennzeichnet werden. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, warum der Name einer gleichnamigen Popband im Zusammenhang mit den beanspruchten Lebensmitteln im Vordergrund stehen sollte, oder inwiefern die massgeblichen Schweizer Konsumenten von „Bur“ auf „Pur“ schliessen sollten.
Das Zeichen sei deshalb entsprechend seiner lexikalischen Bedeutung als „rein, unverfälscht“ sowie „nichts anderes als, ohne Einschränkung“ zu verstehen.
Unterscheidungskraft verneint, da „PUR“ anpreisende Aussage ist
Als nächstes hatte das Gericht zu prüfen, ob das Wortzeichen in der genannten Bedeutung für die beanspruchten Lebensmittel unterscheidungskräftig ist. Es wies dabei als erstes darauf hin, dass Qualitätsangaben oder rein reklamehafte Anpreisungen wie „prima“, „gut“, „fein“, „extra“, „beau“, „belle“ und „super“ vom Markenschutz ausgenommen seien (vgl. dazu BGE 100 Ib 250). Fraglich war, ob dies auch auf den Ausdruck „pur“ zutrifft, was das Gericht bejahte.
In Kombination mit einer Sachbezeichnung qualifiziere der Begriff „PUR“ die entsprechenden Produkte bzw. deren Zutaten in positiver Hinsicht. Der Durchschnittskonsument erwarte bei Bezeichnungen wie „Praline pur“, „Confiserie pur“ oder „Pur chocolat“ Lebensmittel in ihrer reinsten, besten Zusammensetzung und feinsten Verarbeitung. Die massgeblichen Verkehrskreise würden die mit „PUR“ gekennzeichneten Endprodukte bzw. deren Zutaten deshalb ohne Zuhilfenahme der Fantasie als qualitativ hochwertig einstufen. Die Marke „PUR“ werde von den Konsumenten in Verbindung mit den beanspruchten Waren deshalb im Gesamteindruck als anpreisende Qualitätsangabe wahrgenommen.
In diesem Zusammenhang, aber auch im Zusammenhang mit zahlreichen anderen Waren oder Dienstleistungen erscheine die mit dem Wortzeichen vermittelte Aussage deshalb ohne weiteres als Versprechen, nichts anderes als das mit „pur“ gekennzeichnete Produkt in seiner reinsten bzw. besten Form zu erhalten. Die strittige Marke wirke deshalb anpreisend. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die Werbung in der Nahrungsmittelbranche, in der Slogans wie „Genuss pur“, „Natur pur“ gängig seien und für reine Produkte ohne Zusatzstoffe, Farbstoffe oder künstliche Aromen stehen würden. „PUR“ gehöre deshalb zu den anpreisenden Qualitätsangaben, die in allgemeiner Weise auf Waren und Dienstleistungen irgendwelcher Art angewendet würden. Mit anderen Worten hat das Gericht damit entschieden, dass „pur“ für alle Arten von Waren und Dienstleistungen, insbesondere auch für die vorliegend interessierenden Lebensmittel, anpreisend ist und deshalb nicht als Marke eingetragen werden kann.
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Ansprechpartner: Adrian Süess