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In vielen Branchen verlangen die Hersteller von den Mitgliedern ihres Vertriebssystems nicht nur anlässlich des Systembeitritts, sondern auch im Verlauf der Vertragsbeziehung, erhebliche Investitionen. Diese sind dabei zu einem wesentlichen Teil auf das jeweilige Produkt zugeschnitten und daher ausserhalb der Vertragsbeziehung oftmals nicht mehr nutzbar oder nur noch von geringem Wert. Sofern diese Investitionen während der Vertragslaufzeit nicht amortisiert werden können, hat ein Ausscheiden aus dem Vertriebssystem für die betroffenen Mitglieder deshalb regelmässig gravierende finanzielle Folgen. Dies rechtfertigt aus rechtlicher Sicht die Frage nach einem angemessenen Investitionsschutz in Vertriebsverhältnissen. Dem Thema, ob bzw. inwiefern zivilrechtliche Vorgaben bei der ordentlichen Beendigung von Vertriebsverträgen einen Schutz für nicht amortisierte Investitionen gewähren, widmet sich Michael Schüepp in seiner soeben veröffentlichten Masterarbeit.
Für die volkswirtschaftlich bedeutsamen und als besonders investitionsintensiv geltenden Vertriebssysteme der Kraftfahrzeug-Hersteller bestanden im EU-Recht seit dem Jahr 1985 kartellrechtliche Sondervorschriften über die Vertragsbeendigung. Zum Schutz der Investitionen mussten die Vertriebsverträge seither entweder eine Mindestlaufzeit von vier bis fünf Jahren oder Kündigungsfristen von mindestens einem Jahr bzw. zwei Jahren vorsehen . In der Schweiz wurden zwar keine entsprechenden rechtlich verbindlichen Vorgaben erlassen. In Anlehnung an das EU-Recht veröffentlichte die Wettbewerbskommission (WEKO) jedoch einen Beschluss, in welchem Vertriebsverträge im Kraftfahrzeugsektor als „in der Regel“ kartellrechtswidrig bezeichnet wurden, wenn solche Beendigungsvorschriften fehlten.
In der EU enthalten die kartellrechtlichen Sonderregelungen für den Kraftfahrzeugvertrieb seit dem 1. Juni 2013 keine Vorgaben zur Vertragsbeendigung mehr (vgl. BR-News vom 3.7.2010). Demgegenüber hat die WEKO im Juli 2012 erklärt, dass sie vorläufig an ihrem Beschluss festhalten wolle, jedoch ab Mitte 2014 eine Neubeurteilung vornehmen werde (vgl. BR-News vom 2.8.2012) .
Vor diesem Hintergrund hat unser juristischer Mitarbeiter Michael Schüepp in seiner Masterarbeit untersucht, ob bzw. inwiefern zivilrechtliche Vorgaben bei der ordentlichen Beendigung von Vertriebsverträgen einen Schutz für nicht amortisierte Investitionen gewähren. Er zeigt in seiner Arbeit insbesondere die wesentlichen Eckpunkte des Vertragshändlervertrags und des Franchisevertrags auf, und legt die Bedeutung der Begriffe der Investition und der Amortisation dar. Darauf aufbauend analysiert er die potentiell geeigneten zivilrechtlichen Vorgaben für einen Schutz von Investitionen in Vertragshändler- und Franchiseverhältnissen. Untersucht werden in der Arbeit unter anderem die zivilrechtlichen Vorgaben zur Kündigungsfrist, Vertragsdauer, Kundschafts- und Karenzentschädigung, missbräuchlichen Kündigung, Rücknahme von Lagerbeständen und vorvertraglichen Aufklärungspflicht.
Die Masterarbeit wurde vor kurzem in der Kategorie Magister der Werkreihe Editions Weblaw veröffentlicht. Die Publikation ist unter der ISBN 978-3-906029-96-2 im Online-Shop der Weblaw AG in elektronischer Form unentgeltlich downloadbar.
Ansprechpartner: Michael Schüepp