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Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem aktuellen Urteil festgehalten, dass die Zulassung eines Produkts als Arzneimittel durch die Swissmedic für dessen zolltarifarische Einreihung nicht massgebend ist. Mit anderen Worten kann aus der Tatsache, dass ein Arzneimittel durch die Swissmedic zugelassen ist, nicht abgeleitet werden, dass das Produkt auch als Arzneimittel im Sinne des Zolltarifs gilt. Das Gericht hiess die Beschwerde eines Importeurs gegen die Tarifeinreihung als Ergänzungsnahrungsmittel und eine Abgabenforderung in der Höhe von rund 8‘500 Franken trotzdem gut. Das fragliche Produkt habe aufgrund seiner Anpreisung und Wirkung auch zollrechtlich als Arzneimittel und nicht als Ergänzungsnahrungsmittel zu gelten und könne somit zollfrei importiert werden.
Sachverhalt
Im Oktober 2011 meldete die vom Importeur beauftragte Speditionsfirma eine Sendung Arzneimittel ordnungsgemäss zur Verzollung an. Sie verwendete dabei eine für Arzneiwaren vorgesehene Tarifnummer (3004.9000), welche eine zollfreie Einfuhr ermöglicht. Die zuständige Zollstelle kontrollierte die Ware und entnahm zwei Muster, welche sie zwecks Überprüfung der Tarifeinreihung an die Oberzolldirektion (OZD) weiterleitete. Diese kam zum Ergebnis, dass das vorgelegte Produkt kein Arzneimittel ist und deshalb als Ergänzungsnahrungsmittel der Tarifnummer 1515.9099 (Zollansatz: CHF 156.95 je 100 kg brutto) zugewiesen werden muss.
Gestützt darauf nahm die Zollstelle die definitive Veranlagung vor und erhob Zollabgaben in der Höhe von 8‘467.45 Franken. Gegen die Veranlagungsverfügung erhob der Importeur Beschwerde bei der Zollkreisdirektion. Diese wies die Beschwerde ab, woraufhin das Unternehmen die Sache an das Bundesverwaltungsgericht weiterzog.
OZD: Produkt ist zollrechtlich kein Arzneimittel
Die Zollverwaltung begründete ihre Tarifeinreihung damit, dass das Arzneimittel lediglich zur unterstützenden Behandlung von Hautkrankheiten angepriesen werde und deshalb zollrechtlich kein Arzneimittel sei. Zum Hintergrund: Unter die Tarifnummer für Arzneimittel sind gemäss Erläuterungen zum Zolltarif nur pharmazeutische Erzeugnisse einzureihen, die erkennbar derart aufgemacht sind, dass sie unmittelbar an die Verbraucher zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken abgegeben werden können. Es müssen in irgendeiner Form Angaben vorhanden sein zur Art der Beschwerden, gegen die sie gebraucht werden sollen, zur Anwendungsweise, zur jeweils einzunehmenden Menge etc. Diese Angaben können auf dem Behältnis oder auf der Verpackung angebracht, in den dem Erzeugnis beigefügten Drucksachen oder auf irgendeine andere Weise vermerkt sein. Mit anderen Worten muss ein Arzneimittel zur Verhütung oder Behandlung einer klar umschriebenen Krankheit bestimmt sein, um als Arzneimittel im Sinne der zollrechtlichen Bestimmungen zu gelten.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte deshalb im geschilderten Fall zu entscheiden, ob das eingeführte (durch Swissmedic zugelassene) Arzneimittel alle Voraussetzungen erfüllt, um zollrechtlich als Arzneimittel zu gelten und unter die (zollfreie) Tarifnummer 3004.9000 eingereiht zu werden.
Zulassung durch Swissmedic ohne Bedeutung für zollrechtliche Qualifikation
Das Gericht stellte vorab fest, dass die Zoll- und die Heilmittelgesetzgebung sich mit verschiedenen Regelungsinhalten befassen und unterschiedliche Zielsetzungen erfüllen sollen: Während das Heilmittelgesetz (HMG) einer wirksamen einheitlichen Kontrolle der Heilmittel und damit dem Schutz der Gesundheit der Menschen dienen soll, stehe bei der Zollgesetzgebung die Generierung von Abgaben im Zentrum.
Die Qualifikation eines Produkts als Arzneimittel durch die Swissmedic könne deshalb für die Zolltarifierung in keiner Weise verbindlich sein. Folglich lässt sich aus der Zulassung durch die Swissmedic in Bezug auf die zolltarifarische Einreihung eines Arzneimittels nichts ableiten. Unter Umständen könne die Zulassung aber gewisse Hinweise liefern.
BVGer: Fragliches Produkt ist Arzneimittel im zollrechtlichen Sinn
Folglich hatte das Bundesverwaltungsgericht unabhängig von der Swissmedic-Zulassung zu beantworten, ob das fragliche Arzneimittel zur Verhütung oder Behandlung einer klar umschriebenen Krankheit bestimmt ist und aus diesem Grund als Arzneimittel im zollrechtlichen Sinne gilt.
Das Gericht entschied hierzu, dass sich bei den auf der Verpackung, in der Packungsbeilage und der Patienteninformation des Arzneimittel-Kompendiums der Schweiz erwähnten „atopischen Ekzemen mit begleitetem Juckreiz“ um eine klar umschriebene bzw. klar bestimmte Krankheit handle.
Fraglich blieb deshalb nur noch, ob das Produkt gegen die genannte Krankheit in der erforderlichen Art therapeutische oder prophylaktische Wirkung entfaltet. Auch dies bejahte das Bundesverwaltungsgericht. Mit Verweis auf verschiedene Artikel der Fachliteratur stellte das Gericht fest, dass die Frage der Wirksamkeit des Arzneimittels teilweise bejaht, teilweise verneint werde. Da die Wirkung somit umstritten sei, könne die Qualifikation als Arzneimittel nicht – wie dies die Zollverwaltung forderte – mit dem Hinweis darauf verweigert werden, dass das Arzneimittel nicht wirksam sei.
Zusammenfassend hielt das Gericht fest, dass das streitige Produkt gemäss seiner Aufmachung zur Verhütung oder Behandlung einer klar umschriebenen Krankheit bestimmt ist und es sich damit zollrechtlich nicht um ein Ergänzungsnahrungsmittel, sondern um ein Arzneimittel handelt. Folglich hiess das Gericht die Beschwerde gut und stellte fest, dass das betroffene Arzneimittel der Tarifnummer 3004.9000 zuzuordnen ist.
Da Tarifstreitigkeiten nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden können, ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts letztinstanzlich und bereits rechtskräftig.
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