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In der Pressemitteilung vom 23.6.2016 äusserte sich der Deutsche Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit einer Werbekampagne eines Drogeriemarktes. Der Bundesgerichtshof erachtete die Möglichkeit der Einlösung der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern im eigenen Geschäft nicht als unlauter. Auch die beiden Vorinstanzen, das Landgericht Ulm und das Oberlandgericht Stuttgart, sprachen sich für die Rechtmässigkeit der Werbemassnahme aus.
Sachverhalt
Die Beklagte betreibt in ganz Deutschland Drogeriemärkte. Als innovative Werbekampagne ermöglichte sie ihren Kunden, Rabatt-Coupons anderer Drogeriemärkte und Parfümerien bei ihr im Markt mit generell 10 % Rabatt auf das gesamte Sortiment einzulösen. Die Klägerin hielt diese Werbemethode als wettbewerbswidrig. Sie behauptete, andere Marktteilnehmer werden aufgrund dieser Methode gezielt behindert. Ausserdem schilderte die Klägerin, die Werbung sei irreführend, da dem Kunde vorgespielt werde, die Beklagte hätte diese Werbeaktion mit ihren Konkurrenten vereinbart. Die Klägerin verlangte daraufhin die Unterlassung der Werbemassnahme und Ersatz der Abmahnkosten. Die Klage hatte jedoch weder vor dem Landgericht Ulm (Vgl. LG Ulm – Urteil vom 20. November 2014 – 11 O 36/14 KfH), noch vor dem Obergericht Stuttgart (Vgl. OLG Stuttgart – Urteil vom 2. Juli 2015, 2 U 148/14) Erfolg. Schlussendlich wies auch der Bundesgerichtshof die Revision zurück.
Die Ausführungen dieses Beitrages beziehen sich auf die Erläuterungen des Oberlandgerichts Stuttgart. Der Entscheid des Bundesgerichtshofes wurde am 23. Juli 2016 gefällt, wurde jedoch noch nicht veröffentlicht. Es wird sich bei Publikation des Urteils zeigen, ob der Bundesgerichtshof den Erwägungen des Oberlandgerichtes gefolgt ist.
Rechtliche Beurteilung durch das Oberlandgericht Stuttgart
Eine unlautere Behinderung von Mittbewerbern nach § 3 i.V.m. § 4 UWG setzt grundsätzlich eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit der Mitbewerber voraus. Diese Beeinträchtigung muss über die Beeinträchtigung, welche sich im generellen wirtschaftlichen Wettbewerb ergibt, hinausgehen und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweisen. Zum Tatbestand der Behinderung von Mitbewerbern hat die Rechtsprechung verschieden Fallgruppen eingeführt. Im vorliegenden Urteil wurden nur, das unlautere Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das gezielte Vernichten fremder Werbebemühungen, diskutiert.
Zum Eindringen in den Kundenkreis des Mitbewerbers führte das Oberlandgericht aus, dass dieses Verhalten sowie auch das Ausspannen und Abfangen von Kunden grundsätzlich zum Wesen des Wettbewerbs gehöre. Eine Verletzung des UWG ist darum erst gegeben, wenn ein Marktteilnehmer in unangemessener Weise auf Kunden einwirkt. Das Gericht entschied aber, dass es sich hier gerade nicht um eine unangemessene Weise handelt. Das Gericht erörterte ausserdem, dass Personen, welchen Rabattgutscheine zugesendet werden, noch nicht als Kunden des Klägers qualifiziert werden können. Die grosse Mehrzahl der Gutscheine werde von den Empfängern sowieso weggeworfen oder ungenutzt gelassen und es entstehe nur in ganz seltenen Fällen eine Beziehung im Verhältnis zwischen Kunde und Unternehmen.
Ferner handelt es sich bei der Werbemassnahme nach dem Oberlandgericht auch nicht um eine gezielte Vernichtung fremder Werbebemühungen. Es ist nicht jede Werbung unlauter, die ihrerseits Werbung eines Wettbewerbers vereitelt oder entwertet. Die Massnahme führt in diesem Fall wohl mittelbar dazu, dass die Werbung der Klägerin aufgrund der fremden Verhaltensweise der Beklagten nicht mehr in der gewünschten Form zur Geltung kommt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Werbung des Konkurrenten als solche dadurch behindert wird. Die Kunden haben weiterhin die Möglichkeit den Rabatt-Coupon beim ursprünglichen Geschäft einzulösen.
Rechtliche Lage in der Schweiz
In der Schweiz wird eine solche Verhaltensweise unter den Generaltatbestand von Art. 2 UWG subsumiert. Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Wie in Deutschland wurden auch in der Schweiz durch die Lehre und Praxis Fallgruppen zur Generalsklausel gebildet. Insbesondere die Kundenbeeinflussung, wie auch die Behinderung der Konkurrenz könnte in diesem Fall einschlägig sein. Dabei muss die Beeinträchtigung des Mitbewerbers, eine gewisse Intensität aufweisen. Denn die Gewinnung von Kunden ist nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Die Beeinträchtigung muss gar zu einem Ausschluss der Entschliessungsfreiheit des Kunden führen. In der Schweiz wurde bisher noch kein solcher Fall entschieden, es lässt sich deshalb keine abschliessende Aussage für ein allfälliges Verfahren in der Schweiz machen. Aufgrund der ähnlichen gesetzlichen Ausgangssituation kann man wohl aber davon ausgehen, dass sich auch ein Schweizer Gericht für die Zulässigkeit der Werbemassnahme entscheiden würde.
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