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Das EU-Parlament hat am 8. November 2015 eine neue Richtlinie angenommen. Diese beinhaltet unter anderem ein Verbot für Zuschläge auf Kreditkartenzahlungen sowie Regelungen bezüglich Drittparteien-Anbietern. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Vorschrift nun bis spätestens Ende 2017 in ihr nationales Recht umzusetzen. Auch in der Schweiz gilt seit dem 1. August 2015 eine neue umstrittene Regelung bezüglich Zuschläge auf Kreditkartenzahlungen, die allerdings nicht als Rechtssatz ausgestaltet ist.
EU-Parlament segnet überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie ab
Am 8. November 2015 segnete das EU-Parlament eine überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) ab, die unter anderem Zuschlägen auf Kreditkartenzahlungen einen Riegel vorschieben will, wie sie bisher insbesondere in der Reise- und der Heimelektronikbranche gängig waren. Ziel dieses sogenannten Surcharge-Verbots ist eine Kostensenkung für die Endverbraucher sowie eine Stärkung des Wettbewerbs unter den Finanzdienstleistern. Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sind nun gehalten, die Vorschrift bis spätestens Ende 2017 in ihr nationales Recht umzusetzen.
Nicht alle Kreditkarten-Typen betroffen
Betroffen von den neuen Regelungen sind Kreditkarten, die in den Geltungsbereich der Interbankenentgeltverordnung fallen, welche am 9. Dezember 2015 in Kraft tritt. Gemeint sind damit die sogenannten Mehr-Parteien-Karten, welche von Banken ausgegeben werden. Bei ihnen sind mindestens zwei Bankeninstitute involviert: Einerseits die Bank des Kunden und andererseits diejenige des Händlers. In erster Linie betrifft dies Kreditkarten der Anbieter Mastercard und Visa.
Karten, die von den Kreditkartenanbietern selbst ausgegeben werden, wie American Express oder Diners Club bleiben hingegen ebenso ausgenommen vom Geltungsbereich wie Firmenkarten für den geschäftlichen Gebrauch. Den EU-Mitgliedstaaten bleibt jedoch die Möglichkeit, den Geltungsbereich der neuen Richtlinie auf sämtliche Kreditkarten auszudehnen.
Drittparteien-Anbieter unterliegen erstmals EU-Recht
Weiter unterstellt die Richtlinie den Graumarkt der Drittparteien-Anbieter neuerdings dem EU-Recht. Demnach müssen Dienstleister, die ihren Kunden Transaktionen über deren Bankkonto anbieten, in Zukunft bestimmten Anforderungen hinsichtlich Authentifizierung und Sicherheit genügen, um Zugriff auf die Online-Banking-Daten des Kunden zu erhalten. Letztere müssen von den Anbietern unmittelbar nach der Transaktion wieder gelöscht werden. Bezweckt wird damit eine Erhöhung der Sicherheit von Bankkunden im Online-Handel. Weitere Vorgaben sollen durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) noch erstellt werden.
Weiteres Verfahren
Die Annahme der neuen EU-Standards durch den EU-Ministerrat gilt gemeinhin als Formalie und steht in Kürze bevor. Obwohl den einzelnen Mitgliedstaaten dann ein gewisser Spielraum bleibt, wie sie die Richtlinien umsetzen wollen, müssen die entsprechenden nationalstaatlichen Umsetzungserlasse die konkreten Berechtigungen oder Verpflichtungen begründen, vorliegend also zwingend u.a. das Surcharge-Verbot verbindlich umsetzen. Beispielsweise nach deutschem Recht erfordert die Umsetzung demnach ein förmliches Gesetz oder eine Verordnung.
Wer hat die Kosten zu tragen?
Es bleibt nun abzuwarten, wie streng die einzelnen EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie inhaltlich umsetzen. Im Mittelunkt steht dabei die Frage, wer die bei Kreditkartenzahlungen anfallenden Kosten zu tragen haben wird, die bis anhin in der Regel der jeweilige Endverbraucher direkt zu tragen hatte. Können die Händler nämlich die Gebühren, die bei Kreditkartenzahlungen aufgerufen werden, nicht mehr gezielt auf diejenigen Kunden überwälzen, die mit der Kreditkarte bezahlen, müssen sie die Kosten selbst übernehmen. Dadurch wird ihre Marge kleiner. Als Alternative werden die Kreditkarten-Gebühren in die Verkaufspreise eingerechnet, wodurch sie von allen Kunden getragen werden, unabhängig davon, welches Zahlungsmittel diese verwenden. Auch diese Lösung kann nicht restlos überzeugen. Als Konsequenz wehren sich aktuell in der Schweiz immer noch viele Händler gegen die neuen Bedingungen, die hierzulande gelten.
Regelung bezüglich Kreditkartenzuschläge in der Schweiz
Am 1. August 2015 ist in der Schweiz nämlich eine vergleichbare Regelung betreffend Zuschläge auf Kreditkartenzahlungen in Kraft getreten (vgl. BR-News vom 30. August 2015). Dabei handelt es sich im Gegensatz zur neuen EU-Vorschrift, die von den Mitgliedstaaten in verbindliche materielle Rechtsnormen umgesetzt werden will, allerdings „bloss“ um eine Vereinbarung zwischen der WEKO und den Kreditkartenanbietern Mastercard und Visa. Durch diesen Deal wurden auf der einen Seite die Kreditkarten-Transaktionsgebühren, die sogenannten „Interchange Fees“, per 1. August gesenkt. Im Gegenzug dazu können auf der anderen Seite die Kreditkarteunternehmen den Händlern und Dienstleistern per Vertragsklausel in ihren Geschäftsbedingungen verbieten, auf die Kreditkartenzahlung zusätzliche Kosten zu erheben.
Ein zwingendes allgemeines Verbot besteht hier also (noch) nicht.
Weitere Informationen
- Richtlinie über Zahlungsdienste (PSD)
- BR-News vom 30. August 2015: Neues Verbot von Zuschlägen für Kreditkartenzahlungen findet wenig Beachtung
- Einvernehmliche Regelung III (EVR III) zwischen der WEKO und der Kartenindustrie (S. 9 ff.); Wiederzulassung des Verbots der Preisdifferenzierung ab S. 44
- Entscheid der WEKO vom 1. Dezember 2014 betreffend Kreditkarten Interchange Fees
- Medienmitteilung der WEKO: WEKO bewirkt Senkung der Interchange Fees
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann