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Wir freuen uns, Sie über die neuesten Entwicklungen im Schweizer Aktienrecht auf dem Laufenden zu halten. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister (EHRA) hat eine neue Praxismitteilung veröffentlicht, die wichtige Auslegungsfragen zur schriftlichen und virtuellen Beschlussfassung sowie zum Partizipationskapital im Rahmen des Kapitalbandes behandelt. In diesem Artikel beleuchten wir praxisrelevante Aspekte und geben Ihnen wertvolle Empfehlungen, die Ihnen helfen, diese Neuerungen erfolgreich in Ihrem Unternehmen umzusetzen. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre.
1.—Schriftliche Beschlussfassung: Anforderungen
Seit der Aktienrechtsrevision per 01.01.2023 kann die Generalversammlung einer AG Beschlüsse schriftlich fassen. Eine statutarische Grundlage ist hierfür nicht erforderlich, jedoch müssen alle Aktionäre der schriftlichen Beschlussfassung zustimmen. Dagegen ist für die materiellen Beschlüsse, wie einem (Zwischen-)Dividendenbeschluss oder den Wahlen der Mitglieder des Verwaltungsrates, keine Einstimmigkeit notwendig. Es genügt die absolute bzw. die qualifizierte Mehrheit. Dasselbe gilt für schriftliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bei der GmbH.
2.—Protokollierung von schriftlichen Beschlüssen
Für die Protokollierung der schriftlichen Beschlussfassung und die Überprüfung ihrer Gültigkeit obliegen dem Verwaltungsrat bzw. der Geschäftsführung als oberstes Leitungsorgan. Das Ergebnis der schriftlichen Beschlussfassung ist in einem sogenannten Erwahrungsprotokoll festzuhalten. Im Erwahrungsprotokoll sind anzugeben, wann die Dokumente zur schriftlichen Abstimmung versendet wurden sowie der letzte Tag der Frist, bis zu welchem die Gesellschafter ihre Stimme abgeben konnten. Als Datum der Beschlussfassung kann z.B. der letzte Tag der Stimmabgabe oder der Tag der Auszählung bzw. Protokollierung angegeben werden. Das Fehlen dieser Angaben darf jedoch nicht vom Handelsregister nicht beanstandet werden, weil es für die Eintragung im Handelsregister nicht relevant ist. Das Erwahrungsprotokolls muss vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates und einem Protokollführer unterzeichnet werden. Mit einem Erwahrungsprotokoll wird die Anonymität der Gesellschafter bei der AG gewahrt, weil die Namen und das Abstimmungsverhalten der Aktionäre nicht einzeln aufzuführen sind. Die Praxis des EHRA ist daher zu begrüssen.
Vom Erwahrungsprotokoll zu unterscheiden sind Zirkularbeschlüsse. Bei Zirkularbeschlüssen wird das Beschlussdokument unter den Gesellschaftern zirkuliert und die Gesellschafter bekunden ihr Einverständnis durch die Unterzeichnung des Beschlusses. Ein Zirkularbeschluss der Generalversammlung bzw. der Gesellschafterversammlung muss von sämtlichen Gesellschaftern handschriftlich oder mit qualifizierter elektronischer Signatur unterschrieben werden. Der unterzeichnete Zirkularbeschluss kann als Beleg beim Handelsregister eingereicht werden. Bei Aktiengesellschaften ist eine zusätzliche Erklärung des Verwaltungsrates erforderlich, die bestätigt, dass der Beschluss von allen Gesellschaftern unterzeichnet wurde und die Beschlussfassung per Datum X gültig zustande gekommen ist. Zur Wahrung der Anonymität der Aktionäre empfehlen wir, auf Zirkularbeschlüsse zu verzichten und stattdessen ein Erwahrungsprotokoll beim Handelsregister einzureichen.
Abhängig vom kantonalen Beurkundungsrechts können öffentlich zu beurkundende Beschlüsse überwiegend nicht schriftlich gefasst werden. Wir empfehlen Ihnen daher, den Beschlussinhalt wie auch die Art der Beschlussfassung für beurkundungspflichtige Beschlüsse im Voraus mit dem Notar/Notarin abzustimmen.
3.—Virtuelle Generalversammlungen
Virtuelle Generalversammlungen sind nur mit einer statutarischen Grundlage zulässig. Zudem muss ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bezeichnet werden, sofern die Statuten nicht vorsehen, dass auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichtet werden kann. Das EHRA weist darauf hin, dass das zuständige Handelsregister überprüft, ob eine statutarische Grundlage vorliegt. Fehlt eine solche Statutenbestimmung, wird dies vom Handelsregister beanstandet. In solchen Fällen ist eine Wiederholung der Generalversammlung erforderlich. In vielen Gesellschaften bietet sich bei Fehlen einer statutarischen Grundlage als Alternative die Durchführung als sogenannte hybride Generalversammlung an, welche ohne explizite statutarische Grundlage durchgeführt werden kann.
4.—Protokollierung von virtuellen Generalversammlungsbeschlüssen
Für die Protokollierung virtueller Generalversammlungsbeschlüsse gelten dieselben Vorschriften wie für eine physische Generalversammlung. Das Protokoll muss daher die Angaben gemäss Art. 702 OR enthalten und muss vom Vorsitzenden und dem Protokollführer unterschrieben werden. Dies kann mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder handschriftlich auf separaten Blättern erfolgen. Für öffentliche Urkunden über die Beschlüsse einer virtuellen Generalversammlung gilt das kantonale Beurkundungsrecht. Die öffentliche Urkunde hat nur dann die Angaben von Art. 702 OR (beispielsweise den Beginn und das Ende sowie die Art der Generalversammlung) sowie die Unterschrift des Vorsitzenden und des Protokollführers zu enthalten, wenn dies das kantonale Beurkundungsrecht vorsieht oder die öffentliche Urkunde ein Protokoll nach Art. 702 OR ersetzen soll.
5.—Schaffung und Erhöhung des Partizipationskapital im Rahmen des Kapitalbandes
Das EHRA weisst daraufhin, dass das Kapitalband den Verwaltungsrat explizit zur Schaffung von Partizipationskapital ermächtigen muss, wenn die Generalversammlung dem Verwaltungsrat diese Kompetenz innerhalb des Kapitalbandes einräumen möchte. Verfügt eine Gesellschaft bereits über Partizipationskapital, muss aus dem Kapitalband klar hervorgehen, ob der Verwaltungsrat zur Erhöhung bzw. Herabsetzung des Aktien- und/oder Partizipationskapital ermächtigt ist. Es ist nämlich möglich, ein Kapitalband nur für eine Erhöhung oder aber nur eine Reduktion des Partizipationskapitals vorzusehen. Zu beachten ist, dass bei einer Kapitalerhöhung gestützt auf ein Kapitalband, welches beispielsweise nur zur Ausgabe von Partizipationsscheinen ermächtigt, nicht nur den Partizipanten, sondern auch den Aktionären ein Bezugsrecht auf Partizipationsscheine eingeräumt werden muss (Art. 656g Abs. 2 OR).
6.—Ordentliche Erhöhung des Partizipationskapitals: Auswirkungen auf das Kapitalband
In der Praxis hat sich die Frage gestellt, ob bei einer Erhöhung des Partizipationskapitals durch die Generalversammlung das Kapitalband wie bei einer ordentlichen Erhöhung des Aktienkapitals dahinfällt. Gemäss der Praxismitteilung des EHRA führt eine ordentliche Erhöhung des Partizipationskapitals durch die Generalversammlung nicht zum Wegfall des Kapitalbandes, sofern der Verwaltungsrat im Rahmen des Kapitalbandes ausschliesslich dazu ermächtigt wird, das Aktienkapital zu erhöhen. Diese gelte auch im umgekehrten Fall. Diese Ansicht ist aus Rechtssicherheit zu begrüssen und schafft weitere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Eigenkapitalfinanzierung von Aktiengesellschaften.
7.—Liberierungsgrad für Kapitalerhöhungen im Kapitalband ist Sache der Generalversammlung
Das EHRA ist der Ansicht, dass der Liberierungsgrad für Kapitalerhöhungen im Kapitalband durch die Generalversammlung festzulegen ist. Trotz fehlender gesetzlicher Grundlage empfiehlt das EHRA daher den Liberierungsgrad in der Kapitalbandbestimmung aufzunehmen. Ein Fehlen dieser Angabe wird von den zuständigen Handelsregistern jedoch nicht beanstandet. In diesem Fall ist der Liberierungsgrad durch den Verwaltungsrat festzulegen.
Wir hoffen, Ihnen mit diesem Artikel eine praxisnahe und leicht verständliche Zusammenfassung der neuesten Präzisierungen der Praxis zum revidierten Aktienrecht durch das EHRA zur Verfügung zu stellen. Sollten Sie Fragen haben oder weitere Informationen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Unser Team von Experten steht unterstützt Sie gerne, um und massgeschneiderte Lösungen für Ihre Bedürfnisse zu entwickeln.