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Seit mehreren Jahren sind die wichtigsten städtischen Zentren der Schweiz von einem doppelten Phänomen betroffen: einerseits dem Wohnungsmangel und andererseits der hohen Leerstandsquote bei Geschäfts- und Büroflächen.
In diesem Zusammenhang scheint die Umnutzung und Umwandlung dieser Flächen in Wohnräume eine geeignete Lösung für beide Probleme darzustellen, unabhängig davon, ob sie mit einem Erweiterungsprojekt (z.B. einer Aufstockung) verbunden ist oder nicht. Die neuen Wohnflächen können nach der Umwandlung und der Gründung eines Stockwerkeigentums entweder vermietet oder separat verkauft werden.
Gesetzliche Regelungen, die die Umwandlung begünstigen
Die Gesetzgeber in den Kantonen Genf und Waadt teilen diese Ansicht und betrachten die Umwandlung als eine Möglichkeit, die beiden genannten Probleme zumindest teilweise zu lösen.
In der Tat enthält die kantonale Gesetzgebung seit 2015 im Kanton Genf und seit 2018 im Kanton Waadt Bestimmungen, die die Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnraum fördern sollen. Dies erfolgt hauptsächlich dadurch, dass der Staat keine Kontrolle über die Miet- oder Verkaufspreise der umgewandelten Räumlichkeiten ausübt und in bestimmten Fällen vereinfachte Bewilligungsverfahren anwendet.
In Genf unterliegt die Umwandlung von gewerblich, administrativ oder industriell genutzten Räumen in Wohnungen nämlich nicht dem Gesetz über Abbruch, Umbau und Renovierung von Wohnhäusern (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation; LDTR), was so zu verstehen ist, dass der Mietzins für neu geschaffenen Wohnraum der staatlichen Kontrolle, die in diesem Gesetz vorgesehen ist, entzogen ist. Gemäss LDTR kann die zuständigen Behörden bei Wohnungsmangel, wie es derzeit der Fall ist, anordnen, dass Geschäfts- und Industriegebäude, die zuvor mindestens einmal zu Wohnzwecken genutzt wurden und seit mindestens 24 Monaten leerstehend, in Wohnungen umgewandelt werden dürfen. Nach unserem Wissen wurde diese Option jedoch noch nicht in die Praxis umgesetzt.
Im Kanton Waadt unterliegt die Nutzungsänderung von Geschäftsräumen zu Wohnraum nicht dem Gesetz über die Erhaltung und Förderung des Mietparks (Loi sur la préservation et la promotion du parc locatif; LPPPL).
Ein komplexer und restriktiver Rechtsrahmen
Die kantonalen gesetzlichen Regelungen zur Förderung und Vereinfachung von Umwandlungsmöglichkeiten sind jedoch Teil eines grösseren gesetzlichen Rahmens, der zahlreiche Bestimmungen enthält, die diese Möglichkeiten einschränken oder komplizierter machen.
Um bei einem Bewilligungsverfahren von der oben genannten Vereinfachung zu profitieren, muss der Eigentümer sicherstellen, dass die offizielle Nutzung seines Gebäudes oder der Verwaltungs- / Geschäftsflächen, welche er umwandeln möchte, tatsächlich gewerblich oder industriel ist. Sollte dies nicht der Fall sein, setzt sich der Eigentümer in gewissen Kantonen dem Risiko einer staatlichen Preis- und/oder Mietkontrolle aus.
Darüber hinaus ist es wichtig zu erwähnen, dass ein Eigentümer, der als Person im Ausland im Sinne des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) gilt, nicht berechtigt ist, ein Umwandlungsprojekt durchzuführen. Das BewG dient nämlich einem anderen öffentlichen Interesse als kantonale Gesetze wie das LDTR oder das LPPPL: Es zielt nicht darauf ab, die Schaffung von Wohnraum zu fördern, sondern den Kapitalzufluss ausländischer Investoren in den Wohnimmobilienmarkt zu begrenzen.
Auf der Ebene der Raum- und Zonenplanung ist zu bedenken, dass die Schaffung von Wohnraum in Industrie- und Gewerbezonen sowie in Zonen mit hoher Lärmempfindlichkeit gemäss der eidgenössischen Lärmschutz-Verordnung (LSV) grundsätzlich nicht erlaubt ist.
Ebenso schreiben einige lokale Raumplanungsvorschriften bei gemischt genutzten Gebäuden eine maximale Aufteilung zwischen Wohn- und anderen Flächen vor, während andere in bestimmten Gebieten den Bau von Wohnungen im Erdgeschoss verbieten.
Die Bauvorschriften können zusätzliche Auflagen enthalten, die sich insbesondere aus den Vorschriften zu Gesundheit (Aussicht, Helligkeit, Belüftung), Mindestflächengrösse der Wohnräume, Energieeinsparung und Energieeffizienz, Denkmalschutz, Feuerpolizei und Parkplätzen ergeben. Es kommt daher häufig vor, dass der Eigentümer im Zuge des Umbauprojekts auch gezwungen ist, bestimmte Teile des Gebäudes anzupassen, um die seit der Errichtung des Gebäudes geänderten Normen zu berücksichtigen.
Ausserdem kann die Einrichtung von Räumen, die in einem Bürogebäude typischerweise nicht vorhanden sind, wie z. B. eine Waschküche, bei einer Umwandlung notwendig werden.
Schliesslich muss der Eigentümer bei seiner Entscheidungsfindung auch bedenken, dass es sowohl aus technischer als auch aus rechtlicher Sicht kompliziert sein kann, die Umwandlung wieder rückgängig zu machen. Dies auch, obwohl das Genfer Gesetz ausdrücklich vorsieht, dass die so umgebauten Gebäude später wieder in ihre frühere Bestimmung als Gewerbe-, Industrie- oder Bürogebäude erhalten können.
Es sei darauf hingewiesen, dass im Kanton Genf verschiedene Gesetzgebungsprojekte laufen, mit denen versucht werden soll, die Einschränkungen, denen ein umwandlungswilliger Eigentümer derzeit ausgesetzt ist, zu verringern, um die Vermehrung solcher Projekte zu fördern. Wir können insbesondere den Gesetzesentwurf PL 13216-A zur Änderung des Gesetzes über Bauten und verschiedene Anlagen (Loi sur les constructions et installations diverses; LCI) nennen. Er sieht vor, die Umwandlung von Büroflächen zu Wohnraum zu ermöglichen bzw. zu vereinfachen. Es gibt auch noch die Motionen M 2750-A und M 2952, in denen der Staatsrat aufgefordert wird, die Möglichkeiten der Umwandlung von Büroflächen, die von der öffentlichen Verwaltung im Stadtzentrum benutzt werden, zu evaluieren bzw. Massnahmen zu ergreifen, um die Umwandlung leerstehender Büroflächen in Wohnraum zu unterstützen, zu fördern und zu ermutigen, insbesondere auf finanzieller Ebene.
Diese drei Geschäfte der Wohnungskommission warten auf die Behandlung durch den Grossen Rat.
Schlussfolgerung und Empfehlung
Bevor ein Eigentümer ein Umwandlungsprojekt in Angriff nimmt, sollte er nicht nur die Rentabilität und die technische Machbarkeit seines Projekts bewerten, sondern auch die rechtliche Machbarkeit sowie mögliche rechtliche Einschränkungen berücksichtigen, insbesondere bauliche Vorgaben, die die praktische Komplexität und die Gesamtkosten des Projekts beeinflussen könnten. Handelt es sich um einen institutionellen Eigentümer, so muss zudem sichergestellt werden, dass das Projekt mit der Anlagepolitik, insbesondere der Risikostreuung, vereinbar ist.
Diese Analyse sollte unter Einbeziehung verschiedener Experten sowie in Abstimmung mit der Bank des Eigentümers erfolgen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass einige Banken eine Nutzungsänderung als Grund für die sofortige Kündigung des Hypothekarkredits ansehen können, wenn diese ohne vorherige Zustimmung der Bank erfolgt.
Die Umwandlung von Büros in Wohnungen könnte zweifellos eine praktikable Lösung für die Wohnungsnot in der Schweiz darstellen, jedoch ist sie nicht ohne Herausforderungen!