18. Tätigkeitsbericht des Eidg. Datenschutzbeauftragten (EDÖB)


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Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte (EDÖB), Hanspeter Thür, hat anlässlich einer Medienkonferenz den Bericht über seine Tätigkeit im vergangenen Amtsjahr veröffentlicht. Er stellt darin zahlreiche neue datenschutzrelevante Entwicklungen dar und zeigt auf, welche Gefahren und offenen Fragen insbesondere im Bereich des Internets vorliegen. Er bewertet das Berichtsjahr namentlich wegen der Gerichtsurteile in Sachen Google Street View und Logistep als «sehr erfolgreiches Jahr» für den Datenschutz.

Der vor Kurzem veröffentlichte 18. Tätigkeitsbericht des Eidgenössichen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) betrifft den Zeitraum vom 1. April 2010 bis 31. März 2011. Im Vorwort befasst sich der EDÖB mit den Vorwürfen an die Datenschützer, sie würden einen «Kreuzzug gegen die Moderne» führen und einen «Steinzeitdatenschutz» praktizieren. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die unterschiedlichen Reaktionen auf den Rechtsstreit zwischen Google und dem Datenschützer betreffend Google Street View (vgl. BR-News vom 07. April und 13. Mai 2011). Er betont, dass die Auseinandersetzung mit dem Persönlichkeitsschutz im digitalen Zeitalter aufgrund der aktuellen Entwicklungen wichtiger denn je sei. Unabhängig vom Ausgang des genannten Rechtsstreits sieht der EDÖB Mängel im Bereich der geltenden Gesetzgebung und der internationalen Koordination. Er hofft, eine vor Kurzem abgeschlossene Evaluation des Datenschutzrechts durch den Bundesrat werde zeigen, ob und gegebenenfalls wo Handlungsbedarf bestehe. Ein Bericht sei gegen Ende des Jahres zu erwarten.

Der EDÖB bezeichnet in seinem Bericht das vergangene Amtsjahr als sehr erfolgreiches Jahr. Er wertet insbesondere die Gerichtsentscheide in Sachen Logistep und Google Street View als Erfolge für den Datenschutz. Auch die Entwicklungen in der Gesetzgebung (namentlich die BWIS-Revision) seien positiv zu bewerten. Zudem seien zahlreiche parlamentarische Vorstösse als auch die Evaluation der Datenschutzgesetzgebung durch den Bundesrat ein Zeichen dafür, dass der Datenschutz weiter gestärkt werden solle. Der Bericht befasst sich danach mit verschiedensten datenschutzrelevanten Bereichen. Einige ausgewählte Themen werden nachfolgend kurz dargestellt. Besonderes Gewicht legt der Bericht auf das Internet und die mit ihm verbundenen Fragestellungen.

Als erstes stellt der EDÖD die Frage, ob anonymes Surfen im Internet heute überhaupt noch möglich sei. Er setzt zumindest ein grosses Fragezeichen hinter diese Frage. Immer leistungsfähigere Cookies, die zudem nur mit grossem Aufwand wieder von einem Computer zu löschen sind (sog. Evercookies) sowie «Abdrücke», die die Browser selbst beim Surfen hinterlassen, liessen es für Internet-User immer schwieriger werden, keine Spuren zu hinterlasen und anonym zu bleiben. Bisher seien noch keine zuverlässigen Mittel als Reaktion auf diese Entwicklungen vorhanden.

Ein weiteres interessantes Thema sind die Strassenansichten im Internet, von welchen Google Street View wohl das bekannteste Angebot sein dürfte. Der EDÖB legt den Sachverhalt des Google-Rechtsstreits noch einmal dar und weist darauf hin, dass Sachverhaltsabklärungen (Art. 29 DSG) bei vier weiteren Anbietern von Strassenansichten ergaben, dass diese Anstrengungen zum Persönlichkeitsschutz unternehmen und ihre Angebote daher datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden seien. Diese Beispiele würden zeigen, dass dem Datenschutz durch eine andere technische Vorgehensweise als diejenige von Google durchaus auch in diesem Bereich Rechnung getragen werden könne.

Erstaunt zeigte sich der EDÖB über die anlässlich der Abklärungen betreffend Street View festgestellten Tatsache, dass immer noch eine Vielzahl von privaten und geschäftlichen WLAN-Netzwerken unverschlüsselt betrieben würden. Er empfiehlt, WLAN-Netzwerke nur verschlüsselt zu betreiben, um sie vor unbefugten Zugriffen durch Drittpersonen zu schützen.

Als erfreuliche Entwicklung erwähnt der EDÖB zudem die e-Privacy-Richtline der EU, welche mehr Transparenz und Sicherheit für die Konsumenten schaffen soll. Sie sieht unter anderem vor, dass Cookies oder Spyware in Zukunft nicht mehr ohne Zustimmung der Internetnutzer installiert werden dürfen. Die Richtlinie wechselt somit vom bisherigen Systems des «Opt-outs» zu einem «Opt-in»-Verfahren. Dies bedeutet, dass nicht wie bisher nur die Möglichkeit bestehen muss, auf das Installieren von Cookies verzichten zu können, sondern dass in Zukunft eine ausdrückliche Einwilligung zu deren Installation erforderlich ist. Die einzelnen EU-Länder haben bis Mitte 2011 Zeit, die Richtlinie durch nationale Gesetze umzusetzen. Die Änderung wird auch für schweizerische Anbieter und Nutzer Konsequenzen haben, weshalb diese Entwicklung durch den EDÖB weiter verfolgt werden wird.

Ein besonders in den Medien präsentes Thema ist der Datenschutz in sozialen Netzwerken wie Facebook. Der EDÖB weist darauf hin, dass es sich dabei regelmässig um komplexe internationale Sachverhalte handelt und die Rechtslage sehr kompliziert sei. Als besonders problematisch bezeichnet der eidgenössiche Datenschützer in der Medienkonferenz die Tatsache, dass immer häufiger auch Daten (Fotos etc.) von Drittpersonen, die keine Einwilligung für die Publikation gegeben haben, auf sozialen Netzwerken zu finden sind. Zu dieser neuen Entwicklung gibt er erneut zu bedenken, dass der Handlungsspielraum der Datenschützer aufgrund der komplexen Rechtslage äusserst beschränkt ist. Er appelliert an die Eigenverantwortung der Internet-Nutzer und empfiehlt, persönliche Daten nur mit Bedacht zu veröffentlichen. Die Sensibilisierung der Nutzer im Umgang mit persönlichen Daten werde deshalb immer wichtiger. Der EDÖD hat zu diesem Zweck verschiedene multimediale Kampagnen gestartet und stellt Lehrmittel für jüngere Internetnutzer zur Verfügung. In Planung sei auch ein eigener Auftritt des EDÖB in sozialen Netzwerken. Über diesen Kanal könnten neue Entwicklungen kommentiert und Verhaltensempfehlungen kommuniziert werden könnten.

Neben den Entwicklungen im Internet seien unter anderem auch im Gesundheitsbereich zahlreiche datenschutzrelevante Fragestellungen aufgetaucht, namentlich im Grossprojekt eHealth und bei der Totalrevision des Epidemiengesetzes, bei welcher der EDÖB durch mehrere Stellungnahmen und Empfehlungen dafür sorgen konnte, dass eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Datenschutz geschaffen wurde.

Weitere wichtige Fragen sind das Entstehen von zentralisierten Human-Resources-Abteilungen in internationalen Unternehmen und das Outsourcing gewisser Daten an Unternehmen ins Ausland. Bei solchen Vorgängen stelle sich die Frage, ob sie datenschutzrechtlich zulässig seien oder gegen Art. 6 DSG verstossen.

Der EDÖB stellte weiter fest, dass die kantonale Praxis in Bezug auf die Bekanntgabe von Betreibungsregisterauszügen uneinheitlich sei. Er gehe davon aus, dass das Bundesamt für Justiz, welches die Oberaufsicht über die Betreibungsämter hat, die notwendigen Schritte zur Vereinheitlichung unternehme, da das Datenschutzgesetz auf diesen Sachverhalt nicht anwendbar sei. Der EDÖB spricht in seinem Bericht zahlreiche weitere aktuelle und datenschutzrechtlich heikle Themen wie die elektronische Versicherungsbetrugsbekämpfungs-Plattform «Car Claims Information Pool», die Bearbeitung von Bonitätsdaten durch Kredit- und Wirtschaftsauskunfteien, das Strassensicherheitsprogramm «Via sicura», digitale Stromzähler (sog. Smart Meter) oder den Handel mit Adressen.

Der Bericht zeigt eindrücklich auf, wie viele offene Fragen im Bereich des Datenschutzes weiterhin bestehen und wie technische und gesellschaftliche Veränderungen – insbesondere das Internet – diesen Rechtsbereich immer mehr beherrschen und vor neue Herausforderungen stellt. Man darf gespannt sein, welche Folgen der Evaluationsbericht des Bundesrats nach sich ziehen wird und wie der Entscheid des Bundesgerichts im Rechtsstreit mit Google Street View ausfallen wird.

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Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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