Neue Hochhausregeln in der Stadt Zürich – Status und juristische Einordnung


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Im Juni 2024 beschloss der Zürcher Stadtrat die aktualisierten Hochhausrichtlinien und die entsprechende Teilrevision der Bau- und Zonenordnung (BZO)1. Ziel dieser Neuerungen ist es, den städtischen Umgang mit der vertikalen Verdichtung zu präzisieren und qualitativ hochwertigere Hochhausentwicklungen sicherzustellen. Aufgrund der negativen Vorwirkung von § 234 PBG sind die neuen Regeln bereits heute zu berücksichtigen. Es lohnt sich daher ein Blick zurück: Was hat sich konkret verändert – rechtlich, planerisch und in der Bewilligungspraxis?

 

Planungsrechtlicher Hintergrund: Angepasste Rahmenbedingungen für Hochhäuser

Gemäss § 282 Planungs- und Baugesetz (PBG)2 gelten Bauten mit einer Höhe ab 25 Metern grundsätzlich als Hochhäuser. Die Errichtung solcher Bauten ist nur innerhalb der in der BZO festgelegten Hochhausgebiete zulässig.3 Im Rahmen der Teilrevision werden diese Hochhausgebiete punktuell erweitert, teilweise aber auch restriktiver gefasst (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Vergleich Hochhausgebiete alt und neu4

Insgesamt bleibt die mögliche Fläche für den Bau von Hochhäusern zwar gleich gross, innerhalb der Hochhausgebiete ergeben sich jedoch markante Verschiebungen:

  • Sensible Gebiete wie Hanglagen und Quartiererhaltungszonen werden neu aus den Hochhausgebieten ausgeschlossen;
  • Das Gebiet für Hochhäuser bis 80 Meter wird zugunsten eines neu eingeführten 60‑Meter‑Gebiets verkleinert;
  • Hochhäuser über 80 Meter können weiterhin nur im Rahmen eines Gestaltungsplans realisiert werden, der der Zustimmung von Stadt- und Gemeinderat bedarf;
  • Das Hochhausgebiet bis 40 Meter umfasst neu auch Teile von Wohngebieten wie Schwamendingen, Seebach und Albisrieden – in diesen sich wandelnden Quartieren soll die zusätzliche Höhe mehr Spielraum für die Anordnung von Grünräumen, für die Verbesserung der Durchlüftung sowie für den Erhalt des baulichen Bestands eröffnen.

Gleichzeitig wurde klargestellt, dass ausserhalb dieser Gebiete Hochhäuser unzulässig sind, es sei denn, es handelt sich um bestehende Standorte mit planerischer Sonderregelung.

Neu ist auch, dass bei Hochhäusern mit einer Gesamthöhe von mehr als 60 Metern zwingend ein qualitätssicherndes Konkurrenzverfahren (z.B. Studienauftrag nach SIA 143 oder Projektwettbewerb in Anlehnung an SIA 142) durchzuführen ist.5 Damit wird die planerische Einbettung in den städtischen Kontext zum verbindlichen Bestandteil des Zulassungsverfahrens.

Insgesamt haben die planungsrechtlichen Anpassungen den rechtlichen Rahmen für den Bau von Hochhäusern enger gefasst, was Investoren und Bauherrschaften zu einer sorgfältigeren Projektplanung verpflichtet.

Der Entscheid über die BZO‑Teilrevision obliegt nun dem Gemeinderat und wird voraussichtlich im vierten Quartal 2025 erfolgen. Bis zur Genehmigung gilt die negative Vorwirkung gemäss § 234 PBG, d.h. dass Bauvorhaben, die den Zielen der geplanten Revision zuwiderlaufen könnten, derzeit keine rechtskräftige Bewilligung erhalten. Damit sind die neuen Regelungen faktisch bereits heute massgeblich für die Projektierung und Bewilligungspraxis.

Materielle Konkretisierung: Neue Richtlinien mit faktischer Bindungswirkung

Als gemeinsame Vorlage zusammen mit der Teilrevision der BZO verabschiedete der Stadtrat die angepassten und nun viel umfangreicheren Hochhausrichtlinien6. Als Verwaltungsverordnung kommt den Richtlinien – im Gegensatz zu der Nutzungsplanung – keine rechtliche Aussenwirkung zu. Die Richtlinien sollen aber den im PBG verliehenen Ermessensspielraum aufzeigen und damit die Transparenz, Rechtssicherheit und Gleichbehandlung fördern,7 etwa bei der Interessenabwägung im Rahmen einer Baubewilligung.8

Die Richtlinien stellen primär qualitative Anforderungen an Hochhausprojekte, anhand eines differenzierten Katalogs von Beurteilungskriterien. Im Fokus stehen dabei die Konkretisierung des in § 284 PBG geforderten ortsbaulichen Gewinns und der besonders guten architektonischen Gestaltung sowie der Leistungsanforderungen gemäss den Sonderbauvorschriften von Art. 81cbis ff. BZO.

Zu den zentralen Neuerungen gehören unter anderem:

Aufgrund ihrer faktischen Bedeutung sind sie die Hochhausrichtlinien im Rahmen von Investitions- und Projektierungsentscheidungen gleichermassen wie die BZO und das PBG zu berücksichtigen. Da die Richtlinien nun viel umfangreicher sind, besteht für die Behörden weniger Ermessensspielraum, was sich in einer besser vorhersehbaren Bewilligungspraxis ausdrücken dürfte. Das höhere Mass an Planungs- und Rechtssicherheit kommt allerdings zum Preis erhöhter qualitativer Anforderungen an Bauprojekte.

Fazit und Ausblick

Obwohl die Genehmigung durch den Gemeinderat noch aussteht, sind Bauherrschaften bereits heute an die neu eingeführten Sonderbauvorschriften der BZO-Teilrevision und die neuen Hochhausrichtlinien gebunden.

Mit der BZO-Teilrevision und den neuen Hochhausrichtlinien hat die Stadt Zürich ihre rechtlichen Instrumente für Hochhausprojekte deutlich geschärft. Während die planerische Öffnung punktuell neue Entwicklungsspielräume schafft, erhöhen sich die qualitativen Anforderungen an Bauprojekte spürbar. Investoren und Bauherrschaften, die Projekte in den Hochhausgebieten verfolgen, sollten daher frühzeitig die Einhaltung der (neuen) städtischen Vorgaben sicherstellen – idealerweise unter Beizug planungs- und baurechtlicher Expertise.

Es bleibt abzuwarten, wie die aktualisierten Richtlinien konkret in der Verwaltungspraxis umgesetzt und von den Gerichten gewürdigt werden.


1 AS-Nr. 700.100.
2 LS 700.1.
3 § 68 PBG.
4 Beschluss des Stadtrats der Stadt Zürich vom 26. Juni 2024, S. 5.
5 Vgl. den neuen Art. 81cduodecies BZO.
6 Richtlinien für die Planung und Beurteilung von Hochhausprojekten vom 31. Mai 2024.
7 Vgl. Erläuterungsbericht nach Art. 47 RPV zur Teilrevision Bau- und Zonenordnung «Hochhäuser» vom 31. Mai 2024, S. 10.
8 Exemplarisch: BRGE I Nr. 0158/2023 vom 18. August 2023.


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