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Der Bundesrat hat am 27. Juni 2014 die Vernehmlassung zum Finanzdienstleistungsgesetz (VE-FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (VE-FINIG) eröffnet. Beide Vorlagen sollen voraussichtlich im Jahr 2015 im Parlament behandelt und auf den 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt werden. Das VE-FIDLEG regelt die Voraussetzungen für das Erbringen von Finanzdienstleistungen und das Anbieten von Finanzinstrumenten. Das VE-FINIG sieht eine differenzierte Aufsichtsregelung für Finanzinstitute vor. Insbesondere für Vermögensverwalter werden die Regulierungsvorgaben mit dem Zweck des erhöhten Anlegerschutzes stark zunehmen.
1. Gegenwärtige Regulierung von unabhängigen/externen Vermögensverwaltern
Unabhängige/externe, d.h. insbesondere nicht einer Bank- oder anderen Finanzgruppe angehörende, sondern eigenständige Vermögensverwalter verwalten selbständig ein Kunden(teil-)vermögen gemäss den mit dem Kunden vereinbarten Richtlinien, Restriktionen und Anlagezielen gegen eine Gebühr. Unabhängige/externe Vermögensverwalter unterliegen nach geltendem Recht keiner finanzmarktrechtlichen Bewilligungspflicht als Institut, unterstehen jedoch als Finanzintermediäre dem Geldwäschereigesetz (GwG), sofern sie berufsmässig tätig sind. Demzufolge müssen sie sich entweder der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) als Finanzintermediär direkt unterstellen (DUFI) oder sich einer Selbstregulierungsorganisation (SRO) nach GwG als Mitglied anschliessen. Zudem können sich die unabhängigen/externen Vermögensverwalter betreffend die Einhaltung von Verhaltensregeln einer rein privatrechtlichen Branchenorganisation (BO) als Mitglied anschliessen, um ihren Kunden insbesondere den Status als qualifizierter Anleger im Sinne des Kollektivanlagengesetzes (KAG) zu ermöglichen.
Verwalter von schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen unterstehen gemäss geltendem Recht keiner prudentiellen Beaufsichtigung, müssen jedoch die vorsorgerechtlichen Vorschriften einhalten und unterstehen gegebenenfalls dem GwG.
Vermögensverwalter von kollektiven Kapitalanlagen werden prudentiell beaufsichtigt, benötigen eine Bewilligung nach KAG und müssen betreffend die Einhaltung von Verhaltenspflichten einer BO als Mitglied angeschlossen sein.
2. Zukünftige Regulierung nach VE-FIDELEG/VE-FINIG
2.1. Prudentielle Aufsicht über allen Arten von Vermögensverwaltern
Gemäss dem VE-FINIG unterstehen neu alle Arten von Vermögensverwaltern einer prudentiellen Aufsicht, welche insbesondere eine laufende Überwachung, entsprechend laufend einzuhaltende Pflichten sowie ein üblicherweise jährliches Aufsichtsreporting zur Folge hat. Es wird neu zwischen Vermögensverwaltern und qualifizierten Vermögensverwaltern unterschieden:
· Als Vermögensverwalter gilt, wer gestützt auf einen Auftrag gewerbsmässig im Namen und für Rechnung der Kunden Vermögenswerte verwaltet oder auf andere Weise über Vermögenswerte von Kunden verfügen kann.
· Als qualifizierter Vermögensverwalter (Asset Manager) gilt, wer gewerbsmässig im Namen und für Rechnung von kollektiven Kapitalanlagen Vermögenswerte verwaltet (Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen) oder von schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen Vermögenswerte verwaltet.
Detailliertere Bestimmungen zu den Definitionen der verschiedenen Vermögensverwalterkategorien und deren Abgrenzungen werden erst in der Ausführungsgesetzgebung durch den Bundesrat erlassen werden und sind demzufolge gegenwärtig noch nicht bekannt.
2.1.1 Allgemeine Bewilligungsvoraussetzungen für alle Arten von Vermögensverwaltern
Die generellen Bewilligungsvorgaben für alle Arten von Vermögensverwaltern gemäss VE-FINIG werden inhaltlich den im geltenden Bankengesetz (BankG), Börsengesetz (BEHG) und KAG enthaltenen Vorschriften über die Organisation, Risikokontrolle und Gewähr in Bezug auf den Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung sowie die qualifiziert Beteiligten angeglichen. Die diesbezüglichen Anforderungen unterscheiden sich insofern je nach Vermögensverwalter, als dass sie den Risiken und der Komplexität der getätigten Geschäfte entsprechen müssen. Die Bewilligung zur Tätigkeit als Vermögensverwalter oder qualifizierter Vermögensverwalter ermächtigt auch zur Tätigkeit als Vertreter ausländischer Kapitalanlagen. Für Schweizer Zweigniederlassungen und Vertretungen von ausländischen Vermögensverwaltern und qualifizierten Vermögensverwaltern besteht ebenfalls eine Bewilligungspflicht.
Entsprechend der früher bereits in der Vernehmlassung gescheiterten Weissgeldstrategie des Bundesrates, haben alle Arten von Vermögensverwaltern bei der Annahme von Vermögenswerten neu deren Steuerkonformität zu prüfen.
2.1.2 Vermögensverwalter
Vermögensverwalter müssen neben der Erfüllung der allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen entweder in der Rechtsform der Einzelunternehmung, der Kollektiv-, Kommandit-, Aktien- oder Kommanditaktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder der Genossenschaft mit Sitz in der Schweiz organisiert sein sowie über angemessene finanzielle Garantien oder eine Berufshaftpflichtversicherung verfügen. Die Details dazu werden durch den Bundesrat erst auf Verordnungsstufe geregelt werden.
Im Zusammenhang mit der Aufsichtsbehörde über die Vermögensverwalter wurden im Rahmen der Vernehmlassung zwei Varianten unterbreitet: eine direkte Aufsicht durch die FINMA oder alternativ eine Aufsicht durch eine bzw. mehrere halbstaatliche Aufsichtsorganisationen (AO). Diese AO entspricht nicht einer SRO nach GwG, da die AO weitergehende Pflichten und Befugnisse haben wird.
Vermögensverwalter müssen sich innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten des VE-FINIG bei der Aufsichtsbehörde melden sowie innert zweier Jahre ab Inkrafttreten des VE-FINIG dessen Anforderungen genügen und ein Bewilligungsgesuch stellen. Vermögensverwalter, die bei Inkrafttreten des VE-FINIG ihre Tätigkeit seit mindestens 15 Jahren ausüben, bedürfen keiner Bewilligung, sofern sie keinen neuen Kunden annehmen (sog. grandfathering).
2.1.3 Qualifizierte Vermögensverwalter
Die Bewilligung zur Tätigkeit als qualifizierter Vermögensverwalter ermächtigt auch zur Tätigkeit als Vermögensverwalter. Nicht als qualifizierte Vermögensverwalter, sondern „nur“ als Vermögensverwalter gelten Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanalgen, welche unter die – dem geltenden KAG entsprechende – DeMinimis-Regelung fallen. Diese gelangt zur Anwendung, wenn deren Anleger gemäss Art. 10 Abs. 3 oder 3ter KAG qualifiziert sind und eine der folgenden beiden Voraussetzungen erfüllen: (a.) Die verwalteten Vermögenswerte der kollektiven Kapitalanlagen, einschliesslich der durch Einsatz von Finanzinstrumenten mit Hebelwirkung erworbenen Vermögenswerte, betragen insgesamt höchstens 100 Millionen Franken; oder (b.) die verwalteten Vermögenswerte der kollektiven Kapitalanlagen betragen höchstens 500 Millionen Franken und enthalten weder Finanzinstrumente mit Hebelwirkung noch Vermögenswerte, die ein Anrecht auf Rückzahlung in den ersten fünf Jahren nach der Tätigung der ersten Anlage in jede dieser kollektiven Kapitalanlagen gewähren.
Qualifizierte Vermögensverwalter müssen neben der Erfüllung der allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen in einer der für den Vermögensverwalter zulässigen spezifischen Rechtsformen – jedoch nicht als Einzelunternehmung oder Genossenschaft – mit Sitz in der Schweiz organisiert sein, über angemessene Eigenmittel und entweder über ein voll einbezahltes Mindestkapital oder angemessene Sicherheiten verfügen. Die Details dazu werden vom Bundesrat erst auf Verordnungsstufe geregelt werden, wobei die gegenwärtigen Vorschriften des KAG und der Kollektivanlagenverordnung (KKV) zum Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanalgen als Indikator gelten dürften.
Qualifizierte Vermögensverwalter stellen für die ihnen anvertrauten Vermögenswerte die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement sicher. Daneben sind insbesondere das Fondsgeschäft für ausländische kollektive Kapitalanlagen sowie zusätzlich administrative Tätigkeiten im Rahmen der genannten Aufgaben zulässig.
Wechsel des qualifizierten Vermögensverwalters müssen vorgängig der FINMA als deren Aufsichtsbehörde gemeldet werden.
2.2 Erbringen von Finanzdienstleistungen
Das Erbringen von Finanzdienstleistungen, wozu u.a. die Vermögensverwaltung gehört, wird mit dem VE-FIDLEG – nach dem Vorbild der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und basierend auf dem FINMA-Positionspapier Vertriebsregeln – gewissen aufsichtsrechtlichen Verhaltensregeln unterworfen. Vermögensverwalter werden ausgedehnte Informations- und Erkundigungspflichten gegenüber ihren Kunden in Bezug auf sich als Finanzdienstleister, auf ihre angebotenen Finanzdienstleistungen sowie -produkte wahrnehmen müssen. Bereits vor der Empfehlung geeigneter Finanzdienstleistungen und/oder -instrumente muss sich grundsätzlich jeder Vermögensverwalter über die finanziellen Verhältnisse und die Anlageziele seines Kunden sowie über dessen Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf die angebotenen Finanzdienstleistungen bzw. -Instrumente erkundigen.
Die einzelnen Verhaltenspflichten variieren in ihrem Umfang je nach Kundensegment: institutionelle, professionelle sowie Privatkunden. Während im Geschäftsverkehr mit Privatkunden aufgrund deren hohen Schutzbedürftigkeit alle Verhaltenspflichten vollumfänglich eingehalten werden müssen, kann bei institutionellen Kunden (Banken, Versicherungen, Wertpapierhäuser, Vermögensverwalter, qualifizierte Vermögensverwalter, Fondsleitungen, SICAV, SICAF, KGK, Zentralbanken) aufgrund deren tiefen Schutzbedürftigkeit insbesondere auf die Eignungsprüfung verzichtet werden. Bei professionellen Kunden (alle institutionellen Kunden, öffentlich rechtliche Körperschaften mit professioneller Tresorerie, Vorsorgeeinrichtungen mit professioneller Tresorerie und Unternehmen mit professioneller Tresorerie) kann aufgrund deren mittleren Schutzbedürftigkeit im Rahmen der Eignungsprüfung vom Vorhandensein der erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen ausgegangen werden.
Das VE-FIDLEG unterwirft alle Vermögensverwalter Regelungen in Bezug auf eine angemessene Organisation und zur Vermeidung bzw. Beseitigung von Interessenkonflikten. Weiter unterliegen Kundenberater – natürliche Personen, die mit einem Kunden in Kontakt treten und diesem gegenüber eine konkrete Finanzdienstleistung anbieten oder ausführen – neu einer Registrierungs- sowie Aus- und Weiterbildungspflicht.
Ausländische Finanzdienstleister, die eine in der Schweiz bewilligungspflichtige Tätigkeit ausüben, unterliegen neu einer Registrierungspflicht und müssen ebenfalls die Verhaltensregeln des VE-FIDLEG einhalten.
2.3 Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche
Die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung wird für Kunden durch gezielte Massnahmen erleichtert. Insbesondere haben die Kunden einen allgemeinen Herausgabeanspruch für sie betreffende Dokumente gegenüber dem Vermögensverwalter und es erfolgt eine – dem bisherigen schweizerischen Zivilrechtsverständnis zuwiderlaufende – Beweislastumkehr im Gerichtsprozess, indem nicht mehr der Kunde die Nichteinhaltung, sondern der Vermögensverwalter die Einhaltung der Informations- und Aufklärungspflichten zu beweisen hat. Zudem soll eine Verbandsklage und ein Gruppenvergleichsverfahren eingeführt und das Ombudswesen durch eine Anschluss-, Teilnahme- und finanzielle Beteiligungspflicht der Vermögensverwalter gestärkt werden. Die Vernehmlassungsvorlagen stellen weiter zur Disposition, entweder ein ständiges Schiedsgericht einzurichten oder einen Prozesskostenfonds durch alle Finanzdienstleister zu äufnen. Insgesamt werden diese Massnahmen den Dokumentationsaufwand und die Rechtsrisiken für Vermögensverwalter stark erhöhen.
3. Fazit
Das VE-FINIG und das VE-FIDLEG schaffen für alle Vermögensverwalter, basierend auf dem Vorbild der MiFID und dem FINMA-Positionspapier Vertriebsregeln, eine sehr umfassende Regulierung, welche insbesondere im Hinblick auf die Erbringung von Finanzdienstleistungen teilweise über das Notwendige hinausgeht:
· Prudentielle Aufsicht neu über die externen/unabhängigen Vermögensverwalter und die Vermögensverwalter von schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen;
· Vorgaben betreffend angemessene finanzielle Garantien bzw. Berufshaftpflichtversicherung, angemessenes internes Kontrollsystem, Risiko- sowie Compliancemanagement;
· Registrierungspflicht für Kundenberater;
· Steuerkonformitätsprüfung bei der Annahme von Vermögenswerten;
· Diverse Verhaltenspflichten bei der Vermögensberatung: Informations-, Erkundigungs- und Rechenschaftspflichten, Regelungen betreffend Interessenkonflikte, Eignungsprüfung.
Diese regulatorischen Vorgaben werden einen grossen Mehraufwand und hohe Mehrkosten verursachen, was insbesondere für die unabhängigen/externen Vermögensverwalter eine starke Konsolidierung zur Folge haben wird, da viele von diesen die kritische Grösse für eine gewinnbringende Geschäftstätigkeit nicht mehr erreichen werden.