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Im Urteil vom 8. September 2014 hatte das Bundesgericht darüber zu entscheiden, ob eine Streitigkeit über die Übertragung von Patentanmeldungen, nach Schweizerischem oder nach Hongkonger Recht zu beurteilen ist. Entgegen der erstinstanzlichen Einschätzung ging das Bundesgericht davon aus, dass, bei einem internationalen Sachverhalt, immaterialgüterrechtliche Verträge nach Art. 122 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) zu beurteilen sind. Demzufolge ist die Streitigkeit nach dem Recht Hongkongs zu beurteilen.
Ausgangslage
Eine Gesellschaft aus der Schweiz und eine Gesellschaft aus Hongkong streiten sich über die Frage, wem zwei Patentanmeldungen betreffend Kaffeekapseln und einer Patentanmeldung betreffend einen Mechanismus zum Aufstechen der Kaffeekapseln zustehen. Es ist geplant, dass die Gesellschaft in Hongkong als Inhaberin die Patentanmeldungen auf die Schweizer Gesellschaft überträgt. Infolge des Streits haben die beiden Parteien ein Meeting in Hongkong einberufen, wo man die Übertragung der Patentanmeldungen besprochen hat. Über das Ergebnis der Verhandlungen sind sich die Schweizer und die Hongkonger Gesellschaft nun nicht einig. Erstere bestreitet das Zustandekommen einer Einigung. Sie geht davon aus, dass alle drei Patentanmeldungen auf sie zu übertragen sind. Letztere, die in Hongkong sitzende Gesellschaft, geht hingegen davon aus, dass man sich darauf geeinigt habe, nur die Patentanmeldungen betreffend den Aufstechmechanismus abzutreten. Dementsprechend trat sie diese an die Schweizer Gesellschaft ab. Diese wiederum reichte in der Folge eine Klage auf Abtretung der zwei Patentanmeldungen betreffend den Kaffeekapseln beim Handelsgericht des Kantons Bern ein.
Das Handelsgericht prüfte unter Anwendung von Schweizer Recht, ob mit der in Hongkong getroffenen Vereinbarung ein Vertrag zustande gekommen ist und welchen Inhalt dieser hat. Es kam zum Schluss, dass ein Vertrag zustande gekommen ist, in dem man sich auf die Übertragung der Patentanmeldung betreffend den Aufstechmechanismus, nicht aber der Patentanmeldungen betreffend der Kaffeekapseln, geeinigt habe. Gegen diesen Entscheid reichte die Schweizer Gesellschaft Beschwerde beim Bundesgericht ein.
Anwendbares Recht falsch erkannt
Die beiden sich im Streit befindenden Gesellschaften sind sich darüber nicht einig, ob Schweizer Recht oder das Recht von Hongkong auf den Sachverhalt anwendbar ist. Da es sich um einen internationalen Sachverhalt handelt, bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG).
Die Vorinstanz hat unter Anwendung von Art. 117 IPRG festgestellt, dass, mangels einer Rechtswahl der Parteien, der Vertrag dem Recht des Staates untersteht, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihre Niederlassung habe, da der Sachverhalt mit dem Recht dieses Staates den engsten Zusammenhang aufweise. Da man aber zum Schluss kam, dass im hier besprochenen Fall keine charakteristische Leistung erbracht wird, stellte die Vorinstanz auf den Vertragsinhalt ab. Dieser umfasst drei Patentanmeldungen, für welche Schutz auf dem Gebiet der Schweiz beantragt wird. Nur für zwei Patentanmeldungen ist hingegen der Schutz auf dem Gebiet von China vorgesehen. Im Hinblick auf den territorialen Schutzbereich sei, laut den Ausführungen des Handelsgerichts, gesamthaft ein grösserer Zusammenhang mit der Schweiz auszumachen, weshalb für die Beurteilung des Zustandekommens des Vertrags Schweizer Recht einschlägig ist. Das Bundesgericht wird dies in seiner Beurteilung der Sache widerlegen.
Sonderbestimmung für Verträge über Immaterialgüterrechte
Das IPRG hält für Verträge über Immaterialgüterrechte eine Sonderbestimmung bereit. Nach Art. 122 IPGR unterstehen solche Verträge dem Recht des Staates, in dem derjenige, der das Immaterialgüterrecht überträgt oder die Benutzung daran verschafft seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei juristischen Personen ist die Niederlassung ausschlaggebend, die sich in dem Staat befindet, wo der Sitz der Gesellschaft liegt.
Die beiden Gesellschaften streiten sich im hier besprochenen Fall über die Übertragung von Patentanmeldungen. Es stellt sich also die Frage, ob das Recht auf die Übertragung einer Patentanmeldung vom Begriff der Immaterialgüterrechte im Sinne von Art. 122 IPRG erfasst wird und das anwendbare Recht demzufolge nach diesem Artikel zu bestimmen ist.
Patentrechte selbst stellen klarerweise Immaterialgüterrechte dar. Beim Recht auf die Anmeldung eins Patents ist die Sache nicht von vornherein klar und bedarf einer kurzen Erläuterung. Das IPRG geht von einem weiten Verständnis des Begriffs der Immaterialgüterrechte aus. Es umfasst alle Rechte die dem Inhaber ein gesetzlich verliehenes Ausschliesslichkeitsrecht an einer geistigen, künstlerischen oder wirtschaftlichen Leistung einräumen. Auch erfasst sind Rechte auf Schutzrechte und Rechte aus Schutzrechtanmeldungen. Das Bundesgericht führt in seinen Erwägungen aus, dass die Parteien sich über die Übertragung von Patenanmeldungen streiten, was vom Begriff der Immaterialgüterrechte im Sinne vom Art. 122 IPRG erfasst ist. Die Frage nach dem Vorliegen eines Vertrages muss deshalb unter Anwendung des Rechts von Hongkong beantwortet werden, weil die Überträgerin der Immaterialgüterrechte dort ihren Sitzt hat.
Fazit
Weil das Handelsgericht Schweizer Recht für anwendbar befand und den Sachverhalt danach beurteilte, hat es Bundesrecht verletzt. Das Bundesgericht hebt den Entscheid der Vorinstanz auf und weist ihr die Sache zur erneuten Beurteilung zurück. Diesmal hat die Beurteilung des Zustandekommens eines Vertrags nach dem Recht von Hongkong stattzufinden.
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