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Die Europäische Kommission macht sich Gedanken über die Entwicklung des Urheberrechts im europäischen Binnenmarkt. Dies ist einem internen Entwurfspapier zu entnehmen, das kürzlich im Internet aufgetaucht ist. Im sogenannten White Paper werden Denkanstösse für eine zukünftige Ausgestaltung des Urheberrechts in der Europäischen Union präsentiert und die Bedeutung des Urheberrechts als Treiber von Arbeitsmarkt, wirtschaftlichem Wachstum und künstlerischer Vielfalt wird hervorgehoben.
Urheberrecht im Internetzeitalter
Wirtschaftliche Vorgänge wie der Kauf oder die Lizensierung von Copyright-Inhalten werden heute oft in digitaler Form und über die Landesgrenzen hinaus abgewickelt. Ein zukunftstaugliches Urheberrechtsregime muss deshalb auf einen digitalen europäischen Binnenmarkt und cross-boarder-Transaktionen anwendbar sein. Aus Schweizer Sicht erinnert diese Forderung nach einer Anpassung des Urheberrechts an die Gegebenheiten des Internetzeitalters hörbar an die im Juni 2014 veröffentlichten Vorschläge des Bundesrates zur Modernisierung des schweizerischen Urheberrechts (vgl. BR-News vom 13. Juni 2014). Laut diesen soll, wie schon von der Arbeitsgruppe zum Urheberrecht (AGUR12) vorgeschlagen, beispielsweise die Pflicht der Internetprovider zur Bekämpfung von Internetpiraterie verstärkt werden.
Auch die EU-Kommission sieht hier Handlungsbedarf, weil der Download von illegal bereitgestellten Inhalten der Kreativindustrie empfindlichen Schaden zuführt. In Europa denkt man aber noch einen Schritt weiter und stellt fest, dass sich die Wertschöpfungskette durch neuartige Vertriebskanäle wie beispielsweise Streamingangebote grundsätzlich verändert hat und noch stärker verändern wird. Dies wirkt sich laut der Kommission in erheblicher Weise auf die Wertzuweisung unter den Marktteilnehmern aus und erfordert ein Umdenken, was den Umfang und die Definition der Urheberrechte bei Online-Übertragungen betrifft. Vielleicht wollte der Bundesrat ähnliches antönen, wenn er in seiner Medienmitteilung davon sprach, „die Situation für die Kulturschaffenden“ verbessern zu wollen, „ohne die Position der Konsumentinnen und Konsumenten zu verschlechtern“.
Anknüpfungspunkte
Die Verschiebung des Marktes für Copyright-Inhalte, weg von physischen Speichermedien, hin zu digitalen Angeboten, ist schon lange kein Trend mehr sondern Tatsache. Insofern hinkt das geltende schweizerische und europäische Urheberrecht dem technologischen Fortschritt hinterher. Dies scheint die EU-Kommission zu erkennen und formuliert, wenn auch sehr unverbindlich im Konjunktiv, mögliche Ansatzpunkte für eine zeitgemässe Regelung des Urheberrechts.
Beispielsweise soll das Erstellen von Privatkopien erlaubt sein. Es muss jedoch geklärt werden, welche Handlungen noch unter die ausnahmsweise legale Erstellung einer Kopie für den privaten Gebrauch fallen und wann die Grenze zu einer illegalen Reproduktion überschritten ist. Dem folgend, gibt die Kommission zu bedenken, dass die Regelungen der Leerträgervergütungen, über welche die Rechte für das private Kopieren abgegolten werden, zum Schutze des EU-Binnenmarkts harmonisiert werden müssten.
Ein anderes Problem sieht die Kommission darin, dass urheberrechtliche Inhalte nicht in allen Mitgliedstaaten verfügbar sind. Dieser Missstand könnte auf dem Wege von Lizenzvereinbarungen mit den Serviceprovidern im Ursprungsland, also dort wo der Upload stattgefunden hat, oder im Zielland, also dort wo der Anbieter seine Aktivitäten auf die Einwohner richtet, aufgehoben werden. Eine andere, ungleich kühnere Lösung wäre laut dem internen Entwurfspapier, das heutige System der nationalen Urheberrechtstitel mit einem EU-weiten Copyright zu ersetzen.
Im White Paper werden weitere Punkte wie bspw. faire Vergütungen für kreative und künstlerische Werke, Ausnahmeregelungen für Bibliotheken, Bildungsinstitute, Menschen mit Behinderung, nutzergenerierte Inhalte oder die Vereinfachung von Lizensierungsmechanismen angesprochen, die im Hinblick auf einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt von Bedeutung sind.
Ausblick
Dass Handlungsbedarf in der Modernisierung der Urheberrechtsgesetzgebung besteht, belegen die jüngsten Anstrengungen der EU-Kommission und der Schweizer Regierung. Die veröffentlichten Konzepte sind jedoch vage formuliert und vermögen höchstens Stossrichtungen vorzugeben. Es bleibt zu beobachten, wie sich die Gesetzgeber der Sache annehmen. Wir werden Sie hier laufend informieren.
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