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Gastautor: Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin
Ein im Online-Handel immer häufiger anzutreffendes Thema: Darf der Hersteller von Markenware seinen Händlern verbieten, die Ware auf Internetplattformen wie Amazon oder eBay zu verkaufen? Das Berliner Kammergericht hat nun einen Streit zwischen dem Hersteller von Scout-Schulmappen und einem Shopbetreiber zu Gunsten des Händlers entschieden.
Ein Lieferant von Schulranzen dürfe auch innerhalb eines selektiven Vertriebssystems seinen Vertriebspartnern nicht verbieten, die Waren auch über eBay oder andere Internetportale Dritter (wie zum Beispiel Amazon) anzubieten (KG vom 19.9.2013, 2 U 8/09 Kart). Eine Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor, aber offensichtlich hat das Kammergericht das Verbot des Plattformvertriebs nicht als erforderliches Kriterium zur Erhaltung der Markenqualität oder zur Sicherung einer gewissen Beratungsqualität angesehen.
Gespannt darf man sein, in welcher Weise sich das oberste Berliner Zivilgericht mit der so genannten Logo-Klausel auseinandergesetzt hat. In den Leitlinien der EU-Kommission für vertikale Beschränkungen heißt es in Randnummer 54: „Befindet sich die Website des Händlers zum Beispiel auf der Plattform eines Dritten, könnte der Anbieter verlangen, dass Kunden die Website des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen.“ Hieraus wird zum Teil geschlussfolgert, dass ein Plattformverbot zulässig ist.
In selektiven Vertriebssystemen lässt sich ein Plattformverbot durch den Hersteller nur begründen, wenn objektiv erforderliche Kriterien einen Ausschluss des Vertriebs über Websites Dritter etwa aus Gründen der Qualitätssicherung rechtfertigen. Anderenfalls liegt nahe, dass es sich um eine so genannte Kernbeschränkung handelt, die als Wettbewerbsbeschränkung stets kartellrechtswidrig und nicht freistellungsfähig ist. Insofern kommt es für die Zulässigkeit von Vertriebsbeschränkungen in Selektivvertriebssystemen stets auf die Frage an, ob eine solche Qualitätsrechtfertigung in Ansehung der vertriebenen Produkte möglich ist.
Intensiv befasst haben wir uns mit dem Thema anlässlich unserer diesjährigen Veranstaltungen in Zürich und Berlin zum grenzüberschreitenden Online-Handel. In unserem Rückblick können Sie auch alle Präsentationen zum Thema herunterladen.
Zu beachten ist, dass der Händler neben dem Verkauf über eBay auch ein stationäres Einzelhandelsgeschäft betreibt. Anders mag der Fall zu beurteilen sein, wenn es sich um einen Internet-Pure-Player handeln würde. Jedenfalls hält die EU-Kommission in den erwähnten Leitlinien eine Herstellervorgabe an seine Händler für zulässig, wonach der Händler „über einen oder mehrere physische Verkaufspunkte oder Ausstellungsräume verfügen“ muss, wenn er Mitglied des Vertriebssystems sein will.
Das Kammergericht hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Es ist damit zu rechnen, dass der Hersteller den BGH mit der Frage befasst und auch Revision einlegt. Zunächst aber sind die Urteilsgründe abzuwarten.
Das Urteil gibt Anlass auf ein kostenloses Webinar hinzuweisen, das Martin Schirmbacher von HÄRTING Rechtsanwälte in Berlin und Lukas Bühlmann in der nächsten Woche (Dienstag, 24.9. um 10 Uhr) anbieten. Dabei wird es um den praktischen Umgang mit diesen Themen gehen. Was müssen Hersteller einerseits und Händler andererseits konkret tun, wenn sie mit dem Thema konfrontiert sind? Hier geht es direkt zur Anmeldung.
Weitere Informationen zum Thema:
- Pressemitteilung des KG Berlin vom 19.9.2013
- Urteil des LG Berlin (Vorinstanz) vom 21.4.2009 (16 O 729/07 Kart)
- Leitlinien der EU-Kommission für vertikale Beschränkungen
- Juristischer Aufsatz von Lukas Bühlmann und Martin Schirmbacher «Kartellrecht und Internetvertrieb»
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann