Aktienrückkäufe im Schweizer Gesellschaftsrecht: Motive, Methoden und rechtliche Rahmenbedingungen


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Aktienrückkäufe haben sich in der Praxis als zentrales Instrument zur Bilanz- und Kapitalstruktursteuerung etabliert. Sie stellen neben der Dividendenpolitik eine flexible und strategisch einsetzbare Möglichkeit dar, Wert an die Aktionäre zurückzuführen, die Eigenkapitalquote zu justieren und unternehmenspolitische Zielsetzungen umzusetzen.

Auch im laufenden Jahr greifen verschiedene Schweizer Publikumsgesellschaften auf dieses Mittel zurück: So hat die UBS Group AG Anfang Juli 2025 ein neues Rückkaufprogramm im Umfang von bis zu USD 2 Mrd. angekündigt, mit dem mittelfristig bis zu 10 % des Aktienkapitals erworben und anschliessend durch Kapitalherabsetzung vernichtet werden sollen. Die ABB Ltd hat im Februar 2025 ein neues Aktienrückkaufprogramm über bis zu USD 1,5 Mrd. lanciert und im Zeitraum vom 19. bis 25. Juni 2025 insgesamt 675’778 eigene Aktien zurückgekauft. Nestlé S.A. hat ihr mehrjähriges Rückkaufprogramm von CHF 20 Mrd. bis Ende 2024 erfolgreich abgeschlossen. Im Jahr 2025 plant das Unternehmen die Vernichtung von etwa 43 Mio. zurückgekaufter Aktien.

Diese Entwicklungen verdeutlichen die praktische Relevanz von Aktienrückkäufen nicht nur im internationalen, sondern auch im schweizerischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Doch auch ausserhalb börsennotierter Strukturen – etwa im Rahmen von Nachfolgelösungen, Kapitaloptimierungen oder zur gezielten Veränderung der Aktionärsstruktur – stellt der Rückerwerb eigener Aktien ein häufig eingesetztes Mittel dar. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Motive von Aktienrückkäufen, analysiert die gesetzlichen Rahmenbedingungen nach schweizerischem Recht und beleuchtet die in der Praxis gängigen Rückkaufmethoden.

Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Ein Aktienrückkauf bezeichnet den Erwerb eigener Aktien durch die emittierende Gesellschaft. Anders als bei ordentlichen Dividenden oder Rückzahlungen im Rahmen einer Kapitalherabsetzung erfolgt der Rückkauf grundsätzlich auf freiwilliger Basis: Aktionäre entscheiden selbst, ob und in welchem Umfang sie ihre Aktien andienen wollen. Diese fakultative Struktur verleiht Rückkaufprogrammen eine besondere Flexibilität – sowohl im Hinblick auf deren Timing als auch auf Umfang und Preisgestaltung.

Rechtlich handelt es sich beim Aktienrückkauf nicht um eine klassische Gewinnverwendung, sondern um eine Vermögensdisposition, die in den Schranken der gesellschaftsrechtlichen Kapital- und Gläubigerschutzvorschriften (insb. Art. 659 ff. OR) zu erfolgen hat. Je nach Ausgestaltung des Rückkaufs – etwa im Rahmen eines öffentlichen Angebots oder über den regulären Börsenhandel – können zusätzlich kapitalmarktrechtliche, steuerrechtliche oder aufsichtsrechtliche Vorgaben zu beachten sein. Zudem unterscheiden sich Aktienrückkäufe in ihrer bilanztechnischen Behandlung und in ihren Auswirkungen auf die Beteiligungsstruktur und Kapitalverhältnisse teils erheblich von anderen Formen des Werttransfer von der Gesellschaft an die Aktionäre. Dies macht eine sorgfältige rechtliche Einordnung und Abgrenzung im konkreten Einzelfall erforderlich.

Motive für Aktienrückkäufe

Die Beweggründe für den Erwerb eigener Aktien sind vielfältig. Die nachfolgenden Motive sind im praktischen Kontext regelmässig anzutreffen:

  • Signalwirkung: Rückkaufprogramme können – ähnlich wie Dividendenerhöhungen – als Ausdruck von Vertrauen in die eigene Geschäftsentwicklung verstanden werden. Sie werden insbesondere dann eingesetzt, wenn die Unternehmensleitung der Überzeugung ist, dass die Aktien unterbewertet sind. Die Massnahme kann somit einen positiven Impuls auf die Unternehmensbewertung auslösen, was auch empirisch in zahlreichen Studien bestätigt wird.
  • Liquiditätssteuerung: Verfügt ein Unternehmen über nicht betriebsnotwendige Liquiditätsreserven, kann ein Rückkaufprogramm ein geeignetes Mittel darstellen, um überschüssige Mittel an die Aktionäre zurückzuführen. Dies gilt insbesondere im Kontext einer strategischen Neuausrichtung oder bei der Desinvestition aus unrentablen Geschäftsbereichen. Auch aus Sicht der Agency-Theorie ist die Rückführung nicht investierbarer Mittel an die Aktionärinnen und Aktionäre sachgerecht: Die freiwerdenden Mittel verbleiben nicht im Einflussbereich des Managements, wodurch potenziellen Fehlallokationen – etwa in Folge von Financial Slack – vorgebeugt wird. Die Aktionäre können stattdessen individuell über die Reallokation ihrer Mittel entscheiden.
  • Kapitalstrukturmanagement: Der Erwerb eigener Aktien kann gezielt eingesetzt werden, um das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital im Sinne einer unternehmensspezifisch optimalen Zielkapitalstruktur zu steuern. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine solche Anpassung zu einer nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswertes führen.
  • Aktionärsstruktur und Kontrolle: Rückkäufe dienen häufig auch der strategischen Bereinigung der Aktionärsstruktur – sei es durch Eliminierung von Streubesitz, zur Vorbereitung eines Gesellschafterwechsels oder zur gezielten Verstärkung der Kontrolle durch bestimmte Aktionärsgruppen. Auch zur Abwehr unerwünschter Übernahmen können Rückkäufe eingesetzt werden.
  • Ausschüttungspolitik: Im Vergleich zur klassischen Dividendenausschüttung ermöglichen Rückkäufe eine flexiblere und steuerlich oftmals günstigere Rückführung von Mitteln an die Aktionäre. Da die Teilnahme am Rückkaufprogramm grundsätzlich freiwillig ist, kann dabei besser auf die individuellen Präferenzen der Aktionäre Rücksicht genommen werden. Zudem ist ein Rückkauf für die Gesellschaft weniger verpflichtend als eine regelmässige Dividende und wahrt damit die unternehmerische Flexibilität hinsichtlich künftiger Ausschüttungen.
  • Zweckbindung: Zur Abgabe im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsplänen oder als Transaktionswährung bei Akquisitionen können eigene Aktien ebenfalls gezielt eingesetzt werden. In diesen Fällen erfolgt der Rückkauf nicht zwingend mit der Absicht einer Kapitalherabsetzung, sondern zur Bildung von Beständen für zukünftige Zwecke.

Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen für den Erwerb eigener Aktien

Zulässiger Erwerb

Der Erwerb eigener Aktien durch eine Aktiengesellschaft ist in Art. 659 OR geregelt. Danach darf eine Gesellschaft eigene Aktien bis zu einer Obergrenze von 10 % des eingetragenen Aktienkapitals erwerben (Art. 659 Abs. 2 OR), sofern sie über frei verwendbares Eigenkapital in Höhe des Anschaffungswerts verfügt. Die Stimmrechte und die damit verbundenen Rechte der von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien ruhen (Art. 659a Abs. 1 OR).

Seit Inkrafttreten der Aktienrechtsrevision wird das Partizipationskapital bei der Berechnung der Rückkaufgrenze nicht mehr mitberücksichtigt (Art. 656b Abs. 5 OR). Damit wird verhindert, dass eine Gesellschaft sämtliche stimmberechtigten Aktien mit Ausnahme einer einzigen zurückerwirbt und faktisch durch einen Aktionär mit minimaler finanzieller Beteiligung beherrscht werden kann.

Innerhalb des 10%-Grenzwerts ist die Rückkaufbefugnis unabhängig vom damit verfolgten Zweck und zeitlich unbeschränkt. Die zurückerworbenen Aktien müssen weder vernichtet noch wieder veräussert werden. Art. 659 OR findet auch bei Rückerwerben im Rahmen von Fusionen, Spaltungen oder Vermögensübertragungen Anwendung. Zwar liegt in solchen Fällen kein klassisches Erwerbsgeschäft vor, doch verpflichtet Art. 659 Abs. 3 OR analog dazu, den 10 %-Grenzwert übersteigende Aktienpakete innert zwei Jahren entweder zu veräussern oder durch Kapitalherabsetzung zu vernichten.

Die Beurteilung, ob ausreichend frei verwendbares Eigenkapital vorhanden ist, hat auf Basis der letzten revidierten und von der Generalversammlung genehmigten Jahres- oder Zwischenbilanz zu erfolgen. Die Beurteilung hat im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts zu erfolgen. Keinesfalls darf sich der Verwaltungsrat auf nicht revidierte und von der Generalversammlung genehmigte Jahres- bzw. Zwischenbilanzen stützen. Laufende Verluste, die die freien Reserven seit Bilanzstichtag verringert haben, sind zu berücksichtigen. Zudem hat der Verwaltungsrat sicherzustellen, dass die zurückkaufende Gesellschaft über hinreichende, nicht betriebsnotwendige Liquidität verfügt.

Ausnahmen von der Obergrenze

Die 10 %-Limite ist nicht anzuwenden auf:

  • Rückkäufe im Hinblick auf eine bereits beschlossene Kapitalherabsetzung;
  • Rückkäufe, die im Hinblick auf eine rechtlich und tatsächlich abgesicherte Weiterveräusserung erfolgen. Voraussetzung hierfür ist ein rechtsgültiger Kaufvertrag mit einem offensichtlich zahlungsfähigen und erfüllungswilligen Erwerber, bei dem aus den Umständen keine Leistungsstörung zu erwarten ist.

Zudem erlaubt Art. 659 OR einen Rückerwerb von bis zu 20 % des eingetragenen Aktienkapitals beim Vorliegen von vinkulierten Aktien sowie im Zusammenhang mit einer Auflösungsklage.

Verfügt die Gesellschaft über ein bedingtes Kapital, erhöht sich die Obergrenze erst mit dem Eintrag der entsprechenden Kapitalerhöhung im Handelsregister und der vorgängigen Anpassung der Statuten durch den Verwaltungsrat.

Folgen der Überschreitung der Obergrenze

Die Verletzung der Rückkaufobergrenzen führt nicht zur Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts – anders als dies bei einer Verletzung der Eigenkapitalvorschriften der Fall sein kann. Sie kann jedoch haftungsrechtliche Folgen für die Mitglieder des Verwaltungsrats haben. Um das Risiko einer Verantwortlichkeitsklage zu mindern, empfiehlt sich eine vorgängige Genehmigung des Rückkaufs durch die Generalversammlung. Ein solcher Beschluss hat die Wirkung eines vorweggenommenen Déchargebeschlusses. Er entfaltet seine Wirkung jedoch ausschliesslich gegenüber Aktionären, die dem Beschluss zustimmen oder ihre Aktien im Wissen um den Beschluss erworben haben– nicht jedoch gegenüber den anderen Aktionären oder Gläubiger.

Zuständigkeit und Gleichbehandlungsgebot

Der Entscheid über ein Rückkaufprogramm liegt in der ausschliesslichen Zuständigkeit des Verwaltungsrats. Im Gegensatz zum EU-Recht ist in der Schweiz kein vorgängiger Ermächtigungsbeschluss der Generalversammlung erforderlich.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert in der Praxis auch das Gleichbehandlungsgebot. Dieses gilt auch bei Rückkäufen. Kaufangebote dürfen nur dann auf einzelne Aktionäre beschränkt werden, wenn hierfür sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen und keine ungerechtfertigte Benachteiligung anderer Aktionäre eintritt. Ein sachlicher Grund kann insbesondere dann angenommen werden, wenn eine börsenkotierte Gesellschaft einem Grossaktionär ein solches Kaufangebot unterbreitet, da dieser sein Aktienpaket nicht kurzfristig ohne Kurseinbussen an der Börse abstossen kann, diese Möglichkeit Kleinaktionären jedoch offensteht. Im Grundsatz sind allen veräusserungswilligen Aktionären bei vergleichbarer Ausgangslage dieselben Konditionen zu offerieren. Der Rückkaufpreis sollte sich am inneren Wert der Aktien orientieren; Abweichungen bedürfen einer sachlichen, nachvollziehbaren Begründung. Die Zahlung eines Paketzuschlags ist grundsätzlich abzulehnen, da die Gesellschaft kein Interesse am Erwerb von Paketen hat, die sie nicht als solche weiterveräussern kann. Ein solcher Zuschlag dürfte höchstens dann gerechtfertigt sein, wenn die Ausschaltung eines potenziell schädigenden Aktionärs im überwiegenden Interesse der Gesellschaft liegt und dieser ohne Zuschlag nicht verkaufsbereit wäre – insbesondere dann, wenn ein Dritter denselben Zuschlag ebenfalls akzeptieren würde.

Individuell ausgehandelte Rückkäufe erfordern eine sorgfältige Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen sowie eine transparente Bewertung der Marktüblichkeit der Bedingungen. In bestimmten Konstellationen kann es angezeigt sein, die übrigen Aktionäre vorgängig zu informieren oder die Vertragsbedingungen offenzulegen, um Reputations- und Haftungsrisiken zu minimieren.

Besonders kritisch ist die Konstellation beim Abwehren eines sogenannten Greenmailings, bei dem der Rückkauf ausschliesslich gegenüber einem unliebsamen Aktionär angeboten wird – typischerweise verbunden mit einem über dem Marktwert liegenden Paketzuschlag. Solche Rückkäufe müssen eingehend geprüft und unter Einhaltung der genannten Vorgaben begründet werden.

Besonderheiten börsenkotierter Gesellschaften

Rückkäufe eigener Aktien durch börsenkotierte Gesellschaften unterliegen – zusätzlich zu den aktienrechtlichen Vorgaben – spezifischen regulatorischen Anforderungen nach Finanzmarktrecht.

Rückkäufe als öffentliche Kaufangebote

Gemäss Praxis der Übernahmekommission (UEK) gelten Rückkaufprogramme börsenkotierter Gesellschaften grundsätzlich als öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. i FinfraG. Damit unterliegen sie grundsätzlich den einschlägigen Bestimmungen des Übernahmerechts. Für alle Rückkaufprogramme formuliert das UEK-Rundschreiben gemeinsame Voraussetzungen und Auflagen. Anhand davon soll sichergestellt werden, dass das Rückkaufprogramm kein Versuch ist auf die Aktionärsstruktur der Gesellschaft oder den Börsenkurs Einfluss zu nehmen.

Die UEK kann einen Rückkäufer jedoch von der Beachtung dieser übernahmerechtlichen Vorschriften befreien, sofern die Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz, Lauterkeit und Treu und Glauben gewahrt sind und keine Hinweise auf eine Umgehung gesetzlicher Vorschriften bestehen. Im Rahmen der sogenannten Freistellung durch Meldeverfahren hat die UEK ein zweistufiges System etabliert:

  • Standardisiertes Meldeverfahren: Werden sämtliche von der UEK aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, kann die Gesellschaft ein vereinfachtes Meldeverfahren beantragen. Die Freistellung erfolgt in diesem Fall durch eine Bestätigung der UEK ohne formelle Verfügung.
  • Individuelle Freistellung durch Verfügung: Falls nicht alle Voraussetzungen für das Meldeverfahren erfüllt sind, kann die Gesellschaft dennoch ein Gesuch stellen. Die UEK entscheidet dann mittels Verfügung über eine allfällige Freistellung.

Preisgrenze bei Rückkäufen über zweite Handelslinie

Erfolgen Rückkäufe über eine speziell eingerichtete zweite Handelslinie, so dürfen die von der Gesellschaft gebotenen Preise den letzten auf der ordentlichen Handelslinie bezahlten Börsenpreis um nicht mehr als 2 % übersteigen.

Ad-hoc-Publizitätspflicht

Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien sind verpflichtet kursbeeinflussendeTatsachen öffentlich bekannt zu machen. Rückkaufprogramme können, je nach Umfang und Marktverfassung, potenziell als solche kursrelevanten Tatsachen qualifiziert werden. Die Gesellschaft ist daher verpflichtet zu prüfen, ob die Einleitung oder Änderung eines Rückkaufprogramms eine Ad-hoc-Mitteilung auslöst. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Rückkauf Umfang, Kapitalstruktur oder Bewertung wesentlich beeinflussen kann.

Rückkaufmethoden im Überblick

Je nach Zielsetzung, Marktgegebenheiten und Aktionärsstruktur stehen Aktiengesellschaften unterschiedliche Methoden für den Rückkauf eigener Aktien zur Verfügung. Die Wahl der Rückkaufmethode hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch regulatorische und steuerliche Implikationen.

1. Rückkauf über die Börse

Dies ist die in der Praxis am weitesten verbreitete Methode. Er kann anonym über die Hauptlinie oder – im steuerlich relevanten Kontext – über eine eigens eingerichtete zweite Handelslinie (buyback second line) erfolgen. Letztere erlaubt der Gesellschaft, als einzige Käuferin aufzutreten, und stellt die notwendige Transparenz im Hinblick auf die Verrechnungssteuer sicher. Diese Methode ermöglicht ein hohes Mass an Flexibilität hinsichtlich Zeitpunkt, Volumen und Preisgestaltung, da der Rückkauf über einen längeren Zeitraum erfolgen kann. Sie eignet sich insbesondere für Programme mit offenen Parametern oder laufender Überprüfung.

2. Öffentliches Rückkaufangebot

Bei einem öffentlichen Rückkaufangebot bietet die Gesellschaft allen Aktionärinnen und Aktionären während einer festgelegten Angebotsfrist an, eine bestimmte Anzahl eigener Aktien zu einem fixierten oder im Rahmen einer Preisspanne bestimmten Preis zurückzukaufen. Diese Rückkaufmethode wird vor allem bei grösseren Volumen oder im Rahmen gezielter Kapitalstrukturmassnahmen gewählt. Rechtlich handelt es sich dabei um ein öffentliches Kaufangebot im Sinne des Finanzmarktrechts. Entsprechend sind die Vorschriften der FinfraV-FINMA und der Meldung an die SIX Swiss Exchange zu beachten.

3. Rückkauf mittels Put-Optionen

Eine weitere Rückkaufmöglichkeit besteht in der Emission von handelbaren Put-Optionen, die den Aktionären unentgeltlich zugeteilt werden. Diese gewähren das Recht, innerhalb eines bestimmten Zeitraums Aktien zu einem im Voraus definierten Preis an die Gesellschaft zu veräussern. Die Aktionäre haben die Wahl, ihre Optionen auszuüben, sie am Markt zu verkaufen oder verfallen zu lassen. Diese Methode kombiniert Rückkauftransparenz mit einem hohen Grad an Aktionärsautonomie und kann steuerlich vorteilhaft strukturiert werden, bedarf aber einer sorgfältigen rechtlichen Gestaltung.

4.Verhandlungen mit Einzelaktionären

Beim bilateral verhandelten Rückkauf erwirbt die Gesellschaft gezielt grössere Aktienpakete von einzelnen Aktionären im Rahmen individueller Vereinbarungen. Diese Methode wird häufig zur strategischen Repositionierung, im Rahmen von Nachfolgeregelungen oder zur Vermeidung unerwünschter Beteiligungen bzw. Kontrollverhältnisse (z. B. im Vorfeld feindlicher Übernahmen) eingesetzt. Sie unterliegt keiner allgemeinen Bekanntmachungspflicht, kann jedoch bei börsenkotierten Gesellschaften melderechtliche Folgen auslösen und sollte auch aus Corporate-Governance-Sicht mit Bedacht eingesetzt werden.

Vor- bzw. Nachteile der Rückkaufmethoden

Vorteile Nachteile
Rückkauf über die Börse
  • Flexible Anpassung des Programms an den Kursverlauf
  • Rückkaufpreise durch Gesellschaft steuerbar
  • Geringe oder keine Marktprämien erforderlich
  • Rasche und kosteneffiziente Umsetzung
  • Diskrete Durchführung möglich
  • Bei Nutzung einer zweiten Handelslinie: Überwälzung der Verrechnungssteuer auf die Aktionäre möglich
  • Volumen abhängig von Liquidität im Markt
  • Anfällig gegenüber steigenden Kursen
  • Programm zieht sich häufig über längeren Zeitraum
Öffentliches Rückkaufangebot mittels Festpreisangebot
  • Maximale Erreichbarkeit aller Aktionäre
  • Transparente Abwicklung
  • Starker Signaleffekt
  • Gleichbehandlung der Aktionäre (pro rata)
  • Risiko unzureichender Andienung (Flop)
  • Häufig höhere Prämien erforderlich
  • Offenlegung der Angebotsparameter
  • Höherer administrativer Aufwand
Rückkauf mittels Put-Optionen
  • Rasche und flexible Implementierung
  • Gestaltungsfreiheit hinsichtlich Preis und Laufzeit
  • Potentiell steuerfreier Mittelzufluss durch Verkauf der Put-Optionen von Aktionären
  • Keine Ausführungskosten bei Optionsausgabe
  • Risiko der Ausübung bei sinkendem Aktienkurs (Downside-Exposure)
  • Potenzielle Verwässerung bei Weiterverkauf der Optionen
  • Erfordert genaue rechtliche Ausgestaltung
Verhandlungen mit Einzelaktionären
  • Rasche Abwicklung ohne grösseren formellen Aufwand
  • Geringe Transaktionskosten
  • Diskreter Rückkauf grösserer Pakete möglich
  • Gezielte Steuerung der Aktionärsstruktur
  • Gefahr der Ungleichbehandlung von Aktionären
  • Risiko selektiver Informationsverwendung
  • Teilweise negative Marktreaktionen
  • Erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Preisfindung

Fazit

Aktienrückkäufe stellen ein etabliertes und vielseitig einsetzbares Instrument der Kapital- und Bilanzstrukturpolitik dar – sowohl für börsenkotierte als auch für nicht börsennotierte Gesellschaften. Sie ermöglichen die flexible Rückführung überschüssiger Liquidität sowie die strategische Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur.

Die aktienrechtlichen Rahmenbedingungen – insbesondere die zulässigen Erwerbsgrenzen gemäss Art. 659 OR, die Anforderungen an die Eigenmittel und das Gleichbehandlungsgebot – sind in der Praxis sorgfältig zu beachten. Für börsenkotierte Gesellschaften kommen zusätzlich regulatorische Vorgaben des Finanzmarktrechts zur Anwendung.

Nicht zuletzt bergen individuell verhandelte Rückkäufe – etwa mit Grossaktionären – haftungs- und reputationsrechtliche Risiken, die durch eine transparente Dokumentation, sachlich begründete Konditionen und ein sorgfältiges Vorgehen kontrolliert werden müssen.

Für Gesellschaften, die Rückkaufprogramme planen oder umsetzen möchten, empfiehlt sich eine frühzeitige rechtliche Begleitung, um sowohl die aktienrechtlichen Vorgaben als auch die kapitalmarktrechtlichen Implikationen rechtskonform und effizient zu bewältigen. Richtig konzipiert und umgesetzt, können Aktienrückkäufe ein wirkungsvolles und nachhaltiges Mittel zur Steigerung des Unternehmenswerts und zur Erhöhung der finanziellen Flexibilität darstellen.


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