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Die EU-Kommission hat vergangenen Monat die definitive Fassung der so genannten Technologie-Transfer-GVO (TT-GVO) verabschiedet. Diese Verordnung schafft für die Parteien von Lizenzverträgen, welche die Produktherstellung zum Ziel haben, Rechtssicherheit, indem festgelegt wird, wann solche Vereinbarungen kartellrechtlich unbedenklich sind. Die definitive Fassung enthält gegenüber dem im Februar 2013 veröffentlichten Entwurf nur wenige Abweichungen. Zentral ist dabei, dass die Kommission anders als ursprünglich geplant, auf die Senkung der Marktanteilsschwelle verzichtet. Die Marktanteilsschwellen bleiben somit identisch mit denjenigen in der noch bis Ende April 2014 geltenden Regelung.
Kartellrechtliche Ausgangslage
Lizenzverträge bringen zwar regelmässig wettbewerbsfördernde Effizienzvorteile mit sich, können gleichzeitig aber auch den Wettbewerb auf den betroffenen Märkten beschränken. Da im EU-Recht das Bezwecken oder Bewirken von spürbaren Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich verboten ist, kommt insbesondere der Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen – kurz: TT-GVO – bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Lizenzverträgen ein besonderer Stellenwert zu. Denn diese legt fest, unter welchen Voraussetzungen ein Lizenzvertrag vom grundsätzlichen Verbot ausgenommen und damit kartellrechtlich zulässig ist.
Zu beachten ist dabei, dass die TT-GVO im Wesentlichen nur für Lizenzverträge gilt, die es einem Lizenznehmer ermöglichen, bestimmte Produkte herzustellen, welche die lizenzierte Technologie enthalten oder mit ihrer Hilfe produziert wurden. Andere Lizenzvereinbarungen können aber in den weiteren Gruppenfreistellungsverordnungen für zulässig erklärt werden (vgl. zum Ganzen BR-News vom 14.3.2013).
Äderungen in der neuen TT-GVO
Im Februar 2013 hat die EU-Kommission einen ersten Entwurf zur Revision der geltenden TT-GVO und den dazu veröffentlichten Leitlinien präsentiert. An den Grundzügen des bisherigen Regelwerks wurde dabei nichts geändert. Lizenzverträge werden auch in der neuen TT-GVO nach wie vor dann als zulässig erklärt, wenn die Parteien gewisse Marktanteilsschwellen nicht übersteigen und keine der in der Verordnung aufgeführten Klauseln enthalten.
Im Entwurf wurden jedoch verschiedene punktuelle Änderungen vorgeschlagen, insbesondere hinsichtlich der Beschränkung so genannter Passivverkäufe, exklusiven Rücklizenzen, Nichtangriffs- und Kündigungsklauseln sowie Technologie-Pools. Ende März 2014 hat die EU-Kommission nun die definitiven Fassungen der TT-GVO und der dazugehörenden Leitlinien veröffentlicht. Mit einer Ausnahme hat die Kommission dabei an sämtlichen Änderungen, die wir in unserem Beitrag vom 14.3.2014 erläutert haben, festgehalten.
Verzicht auf Senkung der Marktanteilsschwelle
Im Entwurf der TT-GVO wurde vorgeschlagen, dass die Marktanteilsschwelle von 30 %, welche grundsätzlich für Vereinbarungen zwischen Nicht-Konkurrenten gilt, in einer bestimmten Konstellation zu senken. Dies wäre der Fall gewesen, wenn der Lizenznehmer über eine Technologie verfügt, die mit der lizensierten Technologie substituierbar ist und die er ausschliesslich für die firmeninterne Herstellung verwendet. Der gemeinsame Marktanteil der Parteien hätte dann – wie bei Vereinbarungen zwischen Konkurrenten – nicht mehr als 20 % betragen dürfen, um von der Freistellung nach der TT-GVO zu profitieren.
In der definitiven Fassung hat die EU-Kommission auf diese neue Regelung verzichtet. Begründet wird dies mit den negativen Stellungnahmen im Rahmen der öffentlichen Konsultation. Dabei wurde insbesondere bemängelt, diese Ausnahme bringe zu viel Komplexität mit sich für einen Fall, der in der Praxis nur selten vorkomme. Daher gelten auch künftig die gleichen Marktanteilsschwellen wie nach der bisherigen TT-GVO.
Inkrafttreten der neuen Verordnung
Die geltende TT-GVO wird bereits Ende April 2014 auslaufen. Die neue Verordnung tritt daher bereits am 1. Mai 2014 in Kraft und wird bis zum 30. April 2026 gelten. Für Vereinbarungen, die vor Ende April 2014 abgeschlossen wurden, ist jedoch eine Übergangsfrist bis zum 30. April 2015 vorgesehen.
Weitere Informationen:
- Pressemitteilung der EU-Kommission vom 21.3.2014
- Revidierte TT-GVO (Nr. 316/2014)
- Revidierte Leitlinien der EU-Kommission (ab. S. 3)
- Entwurf der neuen TT-GVO
- Entwurf überarbeitete Leitlinien
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Michael Schüepp