Referenzzinssatz im baldigen Sinkflug: Wie können sich Vermieterinnen und Vermieter gegen Mietzinssenkungen wehren?


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Der hypothekarische Referenzzinssatz ist ein zentraler Richtwert für Mietzinsanpassungen in der Schweiz. Steigen die Hypothekarzinsen und damit die Finanzierungskosten für Eigentümerinnen und Eigentümer, kann dies grundsätzlich eine Anpassung der Mietzinsen nach oben rechtfertigen. Umgekehrt kann eine Senkung des Referenzzinssatzes dazu führen, dass Mieterinnen und Mieter unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen eine Mietzinsreduktion geltend machen können.

Gemäss Marktanalysen, unter anderem der Zürcher Kantonalbank, sind die langfristigen Hypothekarzinsen derzeit rückläufig.1 Sollte sich dieser Trend fortsetzen und die Finanzierungsbedingungen weiter verbessern, ist eine Senkung des Referenzzinssatzes naheliegend.

Eine solche Senkung dürfte zu einer Vielzahl von Mietzinssenkungsbegehren führen, da Mieterinnen und Mieter unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Anpassung des Mietzinses haben. Dies könnte für Vermieterinnen und Vermieter mit erheblichen Einnahmeausfällen verbunden sein. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, frühzeitig zu prüfen, welche rechtlichen und wirtschaftlichen Massnahmen ergriffen werden können, um einer Mietzinssenkung entgegenzuwirken oder deren Auswirkungen zu minimieren.

Der hypothekarische Referenzzinssatz und seine Bedeutung für die Mietzinsgestaltung

Der Referenzzinssatz wird quartalsweise vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) veröffentlicht und basiert auf dem durchschnittlichen Zinssatz für Hypotheken in der Schweiz.

Gemäss Art. 269 des Obligationenrechts (OR) ist ein Mietzins missbräuchlich, wenn er zu einem übersetzten Ertrag führt oder auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruht. Ein Kaufpreis gilt als offensichtlich übersetzt, wenn er den Ertragswert der Liegenschaft, basierend auf den orts- oder quartierüblichen Mietzinsen für vergleichbare Objekte, erheblich übersteigt (Art. 10 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen [VWMG]). Sinkt der Referenzzinssatz um 0.25 Prozentpunkte, können Mieterinnen und Mieter unter bestimmten Voraussetzungen eine Mietzinsreduktion verlangen.

Massnahmen zur Abwehr von Mietzinssenkungen

Ein sinkender Referenzzinssatz bedeutet nicht zwangsläufig, dass Vermieterinnen und Vermieter Mietzinssenkungen gewähren müssen. Das Schweizer Mietrecht erlaubt die Berücksichtigung weiterer Kostenfaktoren, die eine Mietzinsanpassung verhindern oder mildern können.

Berücksichtigung von Teuerung und Nebenkostensteigerungen

Vermieterinnen und Vermieter sind berechtigt, die seit der letzten Mietzinsfestsetzung unter Berücksichtigung des Referenzzinssatzes eingetretenen Kostenveränderungen in die Berechnung einer allfälligen Mietzinsanpassung einzubeziehen. Dazu gehören insbesondere der

  • Teuerungsausgleich auf dem risikotragenden Kapital (entsprechend 40 % der Indexteuerung gemäss 269a lit. e OR) sowie
  • allgemeine Kostensteigerungen gemäss 269a lit. b OR. Dabei handelt es sich nebst den Hypothekarzinsen insbesondere um Gebühren (z.B. Frischwasser- und Abwassergebühren, Kehrichtgrundgebühren etc.), Baurechtszinsen, falls die Liegenschaft im Baurecht erstellt wurde, Versicherungsprämien (insbesondere Gebäudeversicherung) und Erhöhungen der Unterhaltskosten (Art. 12 VMWG).

Diese Kostenentwicklungen dürfen mit dem rechnerisch ermittelten Senkungsanspruch verrechnet werden (Art. 13 Abs. 1 VMWG). Das kann im Ergebnis dazu führen, dass der Mietzins nicht tiefer ist als vor der Senkung des Referenzzinssatzes.

Hier ist eine sorgfältige Dokumentation entscheidend: Rechnungen, Indexwerte und Kostennachweise sollten frühzeitig vorbereitet werden, um eine transparente Argumentation zu ermöglichen.

Mehrleistungen der Vermieterinnen und Vermieter

Falls in den letzten Jahren wertvermehrende Investitionen und/oder energetischen Verbesserungen (Art. 269a lit. b OR und Art. 14 VMWG) getätigt wurden, kann dies ein berechtigter Grund für Vermieterinnen und Vermieter sein, eine geforderte Mietzinssenkung abzulehnen oder sogar den Mietzins zu erhöhen. Dabei gelten unter anderem die Kosten umfassender Überholungen in der Regel zu 50-70% als wertvermehrende Investitionen.

Investitionen in Dämmung, Heizsysteme oder erneuerbare Energien können die Beibehaltung oder Erhöhung des Mietzinses ebenfalls begründen.

Orts- und Quartierüblichkeit

Ein Mietzins gilt nicht als missbräuchlich, wenn er sich im Rahmen der orts- und quartierüblichen Mietzinse bewegt (Art. 269a lit. a OR). Falls der Mietzins trotz einer Senkung des Referenzzinssatzes weiterhin unterhalb dieses Vergleichswerts liegt, kann eine Mietzinssenkung abgelehnt werden.

Zur Bestimmung der orts- und quartierüblichen Mietzinse können verschiedene Vergleichsgrössen herangezogen werden, insbesondere:

  • Mietzinsdatenbanken;
  • Vergleichbare Objekte im selben Quartier;
  • Immobilienbewertungen durch Fachpersonen.

Eine detaillierte Marktanalyse kann dazu beitragen, dass Vermieterinnen und Vermieter eine Senkung des Mietzinses fundiert ablehnen können.

Formale Anforderungen an ein Mietzinssenkungsbegehren

Mieterinnen und Mieter müssen bestimmte formelle Voraussetzungen erfüllen, um eine Mietzinssenkung wirksam gegenüber der Vermieterin oder dem Vermieter geltend zu machen. Dabei gelten folgende Anforderungen:

  • Das Mietzinssenkungsbegehren muss schriftlich und mit Bezug auf den Referenzzinssatz bei der Vermieterin oder dem Vermieter gestellt werden;
  • Das Mietzinssenkungsbegehren muss fristgerecht vor dem nächstmöglichen Kündigungstermin eingereicht werden;
  • Entsprechen Vermieterinnen und Vermieter dem Begehren nicht oder nur teilweise oder antworten sie nicht innert 30 Tagen, so müssen Mieterinnen und Mieter innert wiederum 30 Tagen die Schlichtungsbehörde anrufen.

Vermieterinnen und Vermieter sollten jedes Gesuch sorgfältig prüfen und eine gut dokumentierte Antwort verfassen, um ihre Position wirksam zu vertreten.

Fazit

Die erwartete Senkung des Referenzzinssatzes dürfte eine Zunahme von Mietzinssenkungsbegehren zur Folge haben. Vermieterinnen und Vermieter haben jedoch verschiedene rechtliche und wirtschaftliche Handlungsoptionen, um solchen Begehren entgegenzuwirken.

Eine vorausschauende Planung, transparente Kommunikation und eine fundierte Argumentation sind entscheidend, um Mietzinssenkungen zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Wer frühzeitig Kostensteigerungen dokumentiert, gezielt in die Liegenschaft investiert und orts- sowie quartierübliche Vergleichsmietzinse berücksichtigt, kann sich langfristig vor unerwarteten Ertragseinbussen schützen.

frühzeitig Kostensteigerungen dokumentiert, gezielt in die Liegenschaft investiert und orts- sowie quartierübliche Vergleichsmietzinse berücksichtigt, kann sich langfristig

1 Gemäss der Zürcher Kantonalbank wird der hypothekarische Referenzzinssatz voraussichtlich von aktuell 1.75 % auf 1.5 % bis März 2025 sinken (Zürcher Kantonalbank, Hypothekarischer Referenz­zins­satz wird wieder sinken, <https://www.zkb.ch/de/private/hypotheken-immobilien/rechner-hilfsmittel/prognosen.html>).


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