Lex Booking – Bestpreisklauseln von Hotelbuchungsplattformen sollen verboten werden


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Der Bundesrat hat kürzlich eine Anpassung des Schweizer Lauterkeitsrechts (UWG) vorgeschlagen, um die Verwendung von Bestpreisklauseln gegenüber Beherbergungsbetrieben zu unterbinden. Damit würden auch in der Schweiz sowohl die engen als auch die weiten Preisbindungsklauseln verboten. Auf den Einbezug von anderen Klauseln, z.B. «Konditionenparitätsklauseln» sowie auf strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten hat der Bundesrat in seinem Vorschlag allerdings verzichtet. Damit geht die Diskussion um die rechtliche Beurteilung von Bestpreisklauseln auch in der Schweiz in eine neue Runde, nachdem jüngst Klarstellungen der Rechtslage in Deutschland erfolgten und sich auf EU-Ebene ebenfalls Neuerungen abzeichnen.

Enge vs. weite Bestpreisklauseln

Hotelbuchungsportale wie Booking.com ermöglichen den Nutzern bekanntlich den Vergleich und die Buchung von Reiseunterkünften über eine Suchmaschine. Während Buchungen auf der Plattform für die Nutzer kostenlos sind, verlangt die Plattform von den darauf gelisteten Hotelunternehmen für jede Buchung eine Vermittlungsgebühr. Da dieser Provisionsanspruch aber nur entsteht, wenn die Kunden die Buchung direkt über das Hotelportal – und nicht auf anderen Portalen oder auf der Website des Hotels – tätigen, wurden die gelisteten Hotels regelmässig vertraglich dazu verpflichtet, auf anderen Vertriebskanälen und/oder ihrer eigenen Website keine günstigeren Preise oder besseren Konditionen anzubieten als auf der Buchungsplattform (sog. Bestpreis- bzw. Meistbegünstigungsklauseln oder engl. „most favoured nation clauses“ (MFN-Klauseln)).

Bei diesen MFN-Klauseln gilt es, zwei Formen zu unterscheiden:

  • Die sogenannten „weiten“ MFN-Klauseln verbieten den teilnehmenden Hotelbetreibern, auf anderen Portalen oder Vertriebskanälen und/oder auf der eigenen Website bessere Preise oder Konditionen anzubieten,
  • Demgegenüber beschränken sich „enge“ MFN-Klauseln auf das Verbot von Preis- oder Konditionenunterbietungen auf der hoteleigenen Website.

Kartellrechtliche Entscheidungen und uneinheitliche Rechtslage in Europa

Die rechtliche Beurteilung dieser Klauseln erfolgt innerhalb von Europa nach wie vor nicht einheitlich. Während einige Staaten, wie z.B. Frankreich und Österreich explizite gesetzliche Regelungen erlassen, die sowohl weite als auch enge Bestpreisklauseln untersagen, überlassen andere Staaten die Beurteilung dem Kartellrecht und den Wettbewerbsbehörden. Zu diesen Staaten gehört auch Deutschland, wo der Bundesgerichtshof jüngst Klarheit geschaffen hat und (auch) die engen Bestpreisklauseln im Fall von booking.com für kartellrechtswidrig erklärt hat (vgl. MLL- News vom 16. November 2021).

Fachkreise erhofften sich eine EU-weit einheitliche Bewertung von Bestpreisklauseln durch die Überarbeitung der Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO), die in der europäischen Kartellrechtspraxis von grosser Bedeutung sind. In dem Anfang Juli 2021 veröffentlichten Entwurf der neuen Vertikal-GVO wurden weite MFN-Klauseln in den Katalog der nicht-freistellungsfähigen Beschränkungen aufgenommen. Demgegenüber können enge MFN-Klauseln laut dieser vorläufigen Neufassung nach wie ohne Weiteres vor zulässig sein. Ob dies in der finalen Version auch so bleibt, ist noch offen.

Hintergrund der Neuregelung in der Schweiz

Die revidierte Fassung der Vertikal-GVO wird auch einen entscheidenden Einfluss auf die kartellrechtliche Beurteilung von Bestpreisklauseln in der Schweiz haben, orientiert sich die Eidg. Wettbewerbskommission (WEKO) in ihrer Praxis doch jeweils stark an der Rechtslage in der EU. Die WEKO gelangte bereits 2015 zum Schluss, dass zumindest die Verwendung weiter MFN-Klauseln durch die Buchungsplattformen booking.com, Expedia und HRS unzulässig war, liess dabei aber die Einschätzung enger Paritätsklauseln ausdrücklich offen und behielt sich vor, bei Bedarf erneut aktiv zu werden (vgl. MLL-News vom 22. November 2015).

Die bislang ausgebliebene rechtliche Würdigung der engen MFN-Klauseln durch die WEKO hat den Schweizer Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Im Jahr 2017 haben National- und Ständerat die von CVP-Ständerat Pirmin Bischof eingereichte Motion für ein „Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie“Motion Bischof«) angenommen.

Entwurf des Bundesrats verabschiedet

Nun hat der Bundesrat (erst) rund vier Jahre später – am 17. November 2021 – seinen Entwurf zur Umsetzung der Motion Bischof sowie die Botschaft dazu verabschiedet. Danach soll mit einer neuen Bestimmung im Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) die vertragliche Preisbindung von Beherbergungsbetrieben durch Online-Buchungsplattformen verboten werden. Konkret soll der neue Art. 8a UWG wie folgt lauten:

«Unlauter handelt insbesondere, wer als Betreiber einer Online-Plattform zur Buchung von Beherbergungsdienstleistungen allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, welche die Preissetzung von Beherbergungsbetrieben durch Preisbindungsklauseln, namentlich durch Preisparitätsklauseln, einschränken

Vom Verbot erfasste Klauseln

Der verwendete Oberbegriff Preisbindungsklausel beinhaltete sowohl weite als auch enge Bestpreis-Klauseln, nicht jedoch andere Klauseln wie z.B. Verfügbarkeits- oder Konditionenparitätsklauseln, welche unter Umständen in einem ähnlichen Ausmass beschränkend sein können. Laut Bundesrat würde solch eine umfassende Regelung zu weit gehen und wäre dementsprechend unverhältnismässig.

Der Bundesrat verzichtete zudem darauf, indirekte Massnahmen mit demselben Ziel ebenfalls zu verbieten, wie z.B. eine Abstrafung über schlechtere Platzierung im Falle der Unterbindung der Preise auf anderen Kanälen. Entsprechende Verstösse wären nach Ansicht des Bundesrats nur durch ein sehr weit gefasstes und daher mit viel Unsicherheiten behaftets Verbot abzudecken. Verstösse dagegen wären sodann in Zivilverfahren auch kaum je nachweisbar, könnte doch z.B. ein schlechtes Ranking auch mit anderen Aspekten wie schlechter Qualität erklärt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Regelung in der EU-P2B-Verordnung, welche eine Offenlegung der das Ranking bestimmenden Hauptparameter verlangt und insofern mehr Transparenz anstrebt (vgl. MLL-News vom 14.5.2020).

Vom Verbot geschützte und betroffene Anbieter

Das Preisbindungsverbot zulasten von Online-Buchungsplattformen soll ferner sämtliche Beherbergungsbetriebe schützen und ist damit nicht nur auf Hotels beschränkt. Vielmehr sollen auch Anbieter von Ferienwohnungen, Appartements oder Jugendherbergen von der Regelung umfasst sein.

Auf Seiten der Plattformbetreiber zielt das Verbot auf die Anbieter von Vermittlungsdienstleistungen zwischen Beherbergungsbetrieben und potentiellen Kundinnen und Kunden ab. Vergleichsplattformen sollen dem Verbot nur unterfallen, sofern sie eine direkte Geschäftsbeziehung mit Beherbergungsbetrieben unterhalten.

Räumlicher Anwendungsbereich und Durchsetzung

Wie die Bestimmungen des UWG generell, findet auch das neue Preisbindungsverbot stets Anwendung, wenn der Schweizer Markt betroffen ist. Dies wird im konkreten Fall insbesondere zutreffen, wenn sich der betroffene Beherbergungsbetrieb in der Schweiz befindet.

Die Folge einer rechtswidrigen Preisbindungsklausel in den AGB einer Online-Buchungsplattform ist die Nichtigkeit der verwendeten Vertragsbestimmung. Strafrechtliche Konsequenzen sieht der Gesetzesentwurf nicht vor.

Ausblick

Wie bereits zuvor die Nachbarländer Frankreich, Italien und Österreich, wird somit auch der Schweizer Gesetzgeber über ein Verbot von weiten und engen Preisparitätsklauseln im Verhältnis zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben entscheiden. Nun liegt es an den National- und Ständeräten, ob der Gesetzesentwurf angenommen wird. Eine erste Hürde hat die Vorlage bereits erfolgreich überwunden. Die Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrats will nicht nur auf die Vorlage eintreten, sondern das Verbot gar erweitern, sodass Paritätsklauseln im Allgemeinen, also auch Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln verboten werden. Es gilt somit die weitere Entwicklung in der Schweiz sowie auf EU-Ebene im Auge zu behalten.

 

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